Ihr wichtigstes Anliegen: “Dass die Kinder das Lernen lernen. Je früher, desto besser.“

Hamburg. Im Wort Herbstwetter stecken für einen Erwachsenen keine orthografischen Stolperfallen. Für Zweitklässler sieht die Sache dagegen völlig anders aus. Und deshalb steht "Herbstwetter" an diesem Morgen als "Wort des Tages" an der Tafel. "Das zweite "t" in Wetter hört man nicht", sagt Louis und markiert die schwierige Stelle mit einem gelben Kreidepunkt. Svea fällt auf, dass man auch "Herpst" schreiben könnte. ",Herbst' ist also ein Merkwort", erklärt Dagmar Achterberg-Rohde (59), die Klassenlehrerin der 2a. Lilly fällt auch noch auf, dass man das "r" in Herbst kaum ausspricht und das Wort wie Herbstwetta klingt. So macht Rechtschreibunterricht Spaß - und kommt an.

Als Nächstes holt die Lehrerin, die seit 32 Jahren an der Katharinenschule arbeitet, ein großes Holztablett mit buntem Herbstlaub und fünf laminierten Lesestreifen. Die Kinder, die im Kreis sitzen, sollen aus den Wörtern ein Gedicht legen, ein sogenanntes Elfchen. Die erste Zeile besteht aus einem Wort, die zweite Zeile aus zweien, die dritte aus dreien, die vierte aus vier Wörtern und die fünfte wieder aus einem. Herbst - Bunte Blätter - Drachen steigen lassen - es wird früh dunkel - Lesezeit.

Danach steht die Herbst-Werkstatt auf dem Stundenplan: Dagmar Achterberg-Rohde, die neben Deutsch auch Englisch, Sachkunde und Kunst unterrichtet und die Schulbücherei leitet, hat acht Stationen zur aktuellen Jahreszeit. Sie erklärt alle Aufgaben, ermahnt zwischendurch auch mal eines der Kinder, sich richtig hinzusetzen. Die arbeiten jeweils zu zweit an einer Station. Die einen lesen einen Text mit verteilten Rollen, die anderen basteln ein Musikinstrument aus Nussschalen. Svea und Celina gehen in die Schulbibliothek, um beim Lautlesen die anderen nicht zu stören. Dennis will ein kleines Instrument basteln, doch er hat Startschwierigkeiten. Seine Lehrerin verweist ihn auf die genaue Anleitung. Man müsse den Kindern ein Angebot machen, mit dem sie auch klarkommen, sagt die Mutter eines erwachsenen Sohnes, "aber sie müssen lernen, nach einer Anleitung zu arbeiten. Es wäre doch furchtbar, wenn ich ihnen immer sagen würde, mach dies so und das so", sagt die erfahrene Lehrerin. "Es wird Kindern so viel abgenommen, weil es bequemer ist. Aber fördern kommt von fordern. Wenn ich ihnen alles abnehme, kann ich ihre Ressourcen nicht hervorholen." Dabei lässt sie Kinder keineswegs allein mit ihren Arbeitsaufträgen. Ständig ist sie in der Klasse unterwegs und fragt mal hier, mal da "kommt ihr zurecht?"

Der Mix aus selbstständigem Arbeiten und gelenkten Phasen, in denen die Klasse gemeinsam Inhalte erarbeite, sei wichtig und habe sich bewährt, sagt Achterberg-Rohde, die mit Mann in Poppenbüttel wohnt.

Ihr wichtigstes Anliegen: "Dass die Kinder das Lernen lernen. Je früher, desto besser." Außerdem will die Pädagogin bei ihren Schülern "für Freude am Lesen sorgen. Das ist die Schlüsselkompetenz", erklärt sie ihr Engagement für die vielfältigen Projekte, um Kinder an Literatur heranzuführen.

Schulleitung, Eltern und ihre Schüler hatten Achterberg-Rohde einträchtig zur Wahl der "besten Deutschlehrerin" vorgeschlagen. Sie sagt zu ihrer Nominierung: "Es gibt sehr viele gute Lehrer in Hamburg. Aber wir könnten das Geld für unser Zeitungsprojekt gut gebrauchen."

Bis Freitag stellen wir jeden Tag einen der fünf Finalisten der Aktion "Bester Deutschlehrer" vor. Ab Sonnabend haben die Leser die Wahl. Morgen: Christian Krümel vom Margaretha-Rothe-Gymnasium in Barmbek.