Der Bischof der Nordelbischen Kirche will sich neutral verhalten. Aber Experten fordern eine klare Position.

Hamburg. In der Nordelbischen Kirche (NEK) ist eine Debatte um die Position zur aktuellen Schulpolitik entbrannt. Der Leiter der evangelischen Bugenhagen-Schulen, Hartmut Wahl, sagte gestern dem Abendblatt: "Die Kirche sollte sich in dieser Frage nicht neutral verhalten, sondern muss eine Position beziehen." Er reagierte damit auf ein Diskussionspapier kirchlicher Bildungsexperten, in dem sie sich deutlich für längeres Lernen aussprechen. "Endlich kommt aus der NEK eine klare Aussage für den schulischen Bereich", so Bildungsexperte Wahl.

Ganz anders will die Kirchenleitung das Positionspapier unter dem Titel "Gute Schulen. Eine Orientierung aus evangelischer Sicht" verstanden wissen. Bischof Gerhard Ulrich, Vorsitzender der Kirchenleitung der NEK in Kiel, begrüßte das Papier zwar grundsätzlich "als einen wichtigen Beitrag zur Diskussion über mehr Bildungsgerechtigkeit, die in Kirche und Gesellschaft geführt werden muss" (das Abendblatt berichtete). Einen Beschluss kirchlicher Gremien in der Sache gebe es aber nicht. In der hitzigen Diskussion um die Einführung der Primarschule in Hamburg will die NEK neutral bleiben. Reformkritiker hatten der Kirche nach der Veröffentlichung des Papiers eine einseitige Unterstützung der geplanten Hamburger Schulreform vorgeworfen.

"Wir sind in Vorlage gegangen, um einen Diskussionsprozess anzustoßen", sagte Mitautor Hans-Ulrich Keßler gestern. In dem von Pädagogisch-Theologischem Institut und Evangelischer Akademie verfassten Papier heißt es unter anderem: "Gute Schulen verwirklichen mehr Bildungsgerechtigkeit und setzen auf ein möglichst langes gemeinsames Lernen aller Schülerinnen und Schüler." Die Kinder sollten nach Möglichkeit bis zur zehnten Klasse" zusammen lernen - ohne Noten, Sitzenbleiben oder Abschulung. Zu den Standpunkten habe es sowohl Zustimmung als auch Kritik gegeben, so Keßler. "Es gibt keine einheitliche Meinung innerhalb der Kirche." Allerdings wünsche er sich, dass dem Diskussionsprozess Beschlüsse von Kirchenleitung und Synode folgen. "Protestantismus ist eine Bildungsbewegung."

Derzeit gibt es auch unter den Praktikern an den evangelischen Schulen keine einheitliche Meinung zur aktuellen Schuldebatte. Der Leiter der Bugenhagen-Schulen, Wahl, sagt deutlich: "Ich begrüße die Schulreform in Hamburg, auch wenn ich mir mehr gewünscht hätte. Aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung." Schon jetzt wird an den Bugenhagen-Schulen weitgehend nach reformpädagogischen Grundsätzen mit längerem gemeinsamen Lernen und jahrgangsübergreifenden Unterricht gearbeitet.

Deutlich zurückhaltend äußerte sich Verena Schröder, die Leiterin der evangelischen Wichern-Schule in Horn, zu der neben einer Grund-, Haupt- und Realschule auch ein Gymnasium gehört. Auf Abendblatt-Anfrage sagte sie: "Natürlich teile ich die Grundposition entsprechend dem christlichen Menschenbild." Es gehe darum, dass die Schüler optimal gefördert würden. "Dabei ist es mir egal, wie die Schule heißt. Die Formdiskussion ist sekundär."