“Dauerüberforderung“, so beschreibt Stefan Romey (56) seinen Zustand. Der Sonderpädagoge ist stellvertretender Schulleiter der Förderschule Pröbenweg in Hamm-Mitte. Um sieben Uhr morgens sitzt er in seinem Büro, vor 18 Uhr kommt er selten raus.

"Oft ist es auch deutlich später", sagt Romey. Trotzdem lebe er immer mit dem Gefühl, noch viel mehr machen zu müssen.

Seit 1978 ist der Hamburger Lehrer - und zwar gern, wie er betont. "Ich sehe mich als Lebens- und Lernberater." An der Ganztagsschule sind 140 Schüler mit Lernschwierigkeiten und Verhaltensstörungen. Der Gesprächs- und Beratungsbedarf ist hoch neben dem Unterricht. "Die Schüler sind in den 25 Jahren, die ich an der Schule bin, deutlich schwieriger geworden." Viele seien in psychiatrischer Behandlung, hätten massive Verhaltungsstörungen. Entsprechend groß ist der Hilfsbedarf. "Bei unseren Schülern sind es ja immer Notfälle. Es geht oft um Gewalt, sexuellen Missbrauch oder Depressionen. Das ist ein wesentlicher Stressfaktor."

Auf der anderen Seite seien aber die Arbeitsbedingungen an der Schule immer schlechter geworden. Mittel wurden zusammengestrichen, die Unterrichtsverpflichtung der Lehrer erhöht. Früher waren es 23 Wochenstunden, heute sind es 28. Dazu hat der stellvertretende Schulleiter viele neue Aufgaben. "Es müssen beispielsweise deutlich mehr Aktenvermerke geschrieben werden", erklärt Romey. Dazu kommen Gutachten, Sprachförderberichte oder ein neues Beurteilungssystem für Kollegen. So etwas erledigt er oft abends oder am Wochenende. Ein neues Mathe-Curriculum für die Förderschule hat er in den Ferien geschrieben. "In den 46,57 Wochenstunden, die das Lehrerarbeitszeitmodell vorsieht, ist das nicht zu schaffen."

Zwei Drittel der 25 Lehrer an seiner Schule sind älter als 50 Jahre. "Man merkt einfach, dass man dann nicht mehr auf dem Level arbeiten kann wie früher", sagt Romey und bezieht sich ein. Die Arbeitsbelastung im Sonderschulbereich sei so hoch wie nie zuvor, sagt er, der Krankenstand höher als in anderen Bereichen.

Auch deshalb unterstützt das GEW-Mitglied die Wiedereinführung von Altersteilzeit und Stundenentlastung - und will dafür heute auf die Straße gehen. Alle anderen Möglichkeiten seien ausgeschöpft. "Ich habe Angst, dass ich bei der jetzigen Belastung mit 65 Jahren nicht gesund in den Ruhestand komme."