Während die Kritiker der Primarschulreform zur großen Demonstration aufrufen, ist die Lage in CDU und SPD bemerkenswert ruhig.

Hamburg. Die Erleichterung bei Bürgermeister Ole von Beust und CDU-Landeschef Michael Freytag war im Juli groß: Der Parteitag der Union hatte mit großer Mehrheit der Einführung der in der CDU ungeliebten sechsjährigen Primarschule zugestimmt. Doch das Ja zur Reform war durchaus an Bedingungen geknüpft. So sollte der Landesfachausschuss (LFA) Bildung der CDU, in dem viele Reformkritiker sitzen, in die weiteren Verhandlungen mit der Schulbehörde über Details der Primarschulreform "dauerhaft und prozessbegleitend" einbezogen werden.

"Das ist bislang nicht geschehen", sagt ein Mitglied des Landesfachausschusses. Dabei laufe jetzt die entscheidende Phase der Abstimmung zwischen den Koalitionspartnern CDU und GAL über das neue Schulgesetz.

Mehr noch: Obwohl der stellvertretende CDU-Landeschef Marcus Weinberg bereits im Juli vom Posten des LFA-Vorsitzenden zurückgetreten war, gibt es noch immer keinen Nachfolger. Er muss, das sieht die CDU-Satzung vor, vom Landesvorstand ernannt werden. Manch LFA-Mitglied vermutet nun, dahinter stecke politische Absicht. Auf diesem Weg fehle dem LFA Bildung das Sprachrohr, um seine Interessen deutlich zu machen.

Dem tritt CDU-Sprecherin Anna Christina Hinze entgegen. "Am 28. September tagt der Landesvorstand. Dann wird es voraussichtlich einen neuen Vorsitzenden des LFA geben", sagte Hinze. Allerdings: Der 28. September ist der Tag nach der Bundestagswahl - schon möglich, dass die CDU da drängendere Probleme hat als die Besetzung eines Ausschuss-Vorsitzes.

Kritik an der Union kommt auch von außen: Regine Eckel, die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Gegliedertes Schulwesen, hat in einem offenen Brief an den CDU-Schulpolitiker Marino Freistedt der Union eine "Vogel-Strauß-Haltung" vorgeworfen. "Inhaltlich lassen Sie sich alles gefallen, was inzwischen schon absurde Züge annimmt", schreibt Eckel. Konkret geht es unter anderem darum, dass die CDU ursprünglich verlangt hatte, dass die Kosten der Reform exakt ermittelt werden, bevor es grünes Licht für die Umsetzung gibt. Davon sei jetzt keine Rede mehr. "Nichts hören, nichts sehen, sonst müsste man ja reagieren", empört sich Eckel.

Und die SPD? Die Oppositionspartei versucht den internen Streit zwischen Reformkritikern und -befürwortern zu besänftigen. "Nur kein Öl ins Feuer gießen", sagt ein Insider. Das ist auch der Grund, warum kein Sozialdemokrat bei der morgigen Demonstration als Redner auftritt. Bei der letzten großen Protest-Kundgebung im April hatte die SPD-Bildungsexpertin Britta Ernst gesprochen und dafür viel Kritik aus den eigenen Reihen einstecken müssen. Eine Rede von Ernst oder jemand anderm wäre "strategisch unklug", heißt es jetzt aus der Partei ...