Nestor (21) war Kindersoldat, Lily (30) musste 1998 unter lebensgefährlichen Bedingungen durch das Kongo-Becken fliehen. Heute sind beide in ihrer afrikanischen Heimat für die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) tätig, klären andere Jugendliche über HIV auf und helfen Opfern sexueller Gewalt.

Zusammen mit Achim Koch, Teamleiter des GTZ-Projekts zur Integration von Kindersoldaten im Kongo, sitzen Nestor und Lily vor rund 70 Schülern der Gesamtschule Stellingen und berichten über ihre Erlebnisse.

"Mit 13 Jahren bin ich nach der Schule nicht mehr nach Hause gekommen, weil sie mich verschleppt haben", sagt Nestor. Sie, damit meint er die Kämpfer, die von 1997 bis 2003 in der Demokratischen Republik Kongo, besonders in der Provinz Maniema, viele Kinder als Soldaten missbraucht haben. Vor denen ist Lily geflohen. Zwei Jahre lang wurde Nestor gezwungen zu kämpfen, erst im Alter von 15 Jahren gelang auch ihm die Flucht. Er sagt: "Meine Mutter habe ich nie wieder gesehen, weil sie getötet wurde, bevor ich zurückkommen konnte."

Einige Zuhörer sind im gleichen Alter, das fördert das gegenseitige Verständnis. "Nestor und Lily haben das alles selbst erlebt, das ist etwas ganz anderes, als darüber im Unterricht zu lesen", sagt Schülerin Luena Elbel (16). Sichtlich beeindruckt von dem Schicksal des Jugendlichen fragt Rashad Babayew (18), wie Nestor nach diesen Erlebnissen überhaupt Vertrauen haben konnte zu einer Organisation wie der GTZ. Nestor: "Wenn dir jemand einen Fisch gibt, ist das gut, aber wenn dich jemand lehrt zu fischen, ist das viel besser. Zu der GTZ kann man nicht kommen, wenn man den Leuten Geld gibt. Du musst einen Fragebogen ausfüllen, und dann helfen sie dir."

Teamleiter Achim Koch lächelt, denn "besser kann man das Prinzip der Hilfe zur Selbsthilfe wohl nicht beschreiben". Das GTZ-Projekt ermöglicht Kindersoldaten und anderen Opfern von Gewalt, ihren Schulabschluss nachzumachen, und sie bekommen die Chance, einen Beruf zu erlernen. Sie können Tischler, Maurer, Fischer, Schneider oder Schiffbauer werden und sich anschließend mit einem Kredit eine Existenz aufbauen. Koch sagt nach viereinhalb Jahren Projektarbeit: "Wir haben 4000 Kindern den Schulbesuch ermöglicht, 2000 Menschen mithilfe von Mikrokrediten geholfen und 40 000 Jugendliche für das Thema Aids sensibilisiert."