Heute gibt’s Zeugnisse - und für viele Schüler und Eltern beginnt bereits etwa acht Wochen vorher das große Zittern. Dabei geht es auch ganz ohne Dramen und Tränen. Tipps vom Abendblatt für Eltern.

Hamburg. Eigentlich hätte es ihm klar sein müssen. Dass die Fünf in Mathe nicht mehr abzuwenden ist, dass die Vier in Französisch sehr wackelt. Aber jetzt, kurz vor der Zeugnisvergabe, schwappt alles über ihm zusammen. Der Junge, der anonym bleibt, wählt die bundesweite Nummer gegen Kummer. Er muss reden. Darüber, wie er es seinen Eltern sagen soll. Darüber, dass er nicht in eine andere Klasse will. Darüber, dass er sich als Versager fühlt.



Monika Steiniger (54) sitzt am anderen Ende der Leitung und hört zu. "Ich lasse mir die Situation genau beschreiben", sagt die Sozialwirtin, die das Hamburger Kinder- und Jugendtelefon leitet. "Es ist wichtig, die diffusen Gefühle anzunehmen, Verständnis für die Sorgen zu haben und Trost zu spenden." Schulkummer sei das ganze Jahr über ein Thema bei Kindern und Jugendlichen, "aber etwa acht Wochen vor den Zeugnissen nimmt es zu", sagt Steiniger. Dabei spiele Leistungsdruck immer häufiger eine Rolle. "Ich versuche immer, auch konkret über die nächsten Tage zu sprechen", sagt die Beraterin. Zehn Minuten dauern die Telefonate in der Regel. Die meisten Anrufer sind zwischen elf und 16 Jahre alt und wollen anonym bleiben. Wichtig ist: Die Anrufe, egal ob aus dem Festnetz oder vom Handy, sind kostenlos, tauchen nicht auf der Rechnung auf.


"Die größten Nöte sind zwei Wochen vor den Zeugnissen", weiß auch Gabriele Steentjes (55) von den Regionalen Beratungs- und Unterstützungsstellen (Rebus) in Hamburg. Direkt am Zeugnistag riefen die wenigsten an. "Die Schüler wissen ziemlich genau über ihre Zensuren Bescheid." Trotzdem sind die Rebus-Berater von morgen an wieder an einem speziellen Zeugnistelefon zu erreichen. "Meistens rufen Eltern an, die längerfristige Unterstützung suchen", sagt Psychologin Steentjes.


So wie Gerrit Gley (51). Sein Sohn Morten (12) besucht die fünfte Klasse eines Gymnasiums und hat massive Probleme, sich zu konzentrieren. "Die Lehrer haben das Gespräch gesucht, weil er nicht mitkommt", erzählt sein Vater. "Er leidet sehr darunter, ist total verzweifelt." Der Versuch, auf einer Gesamtschule einen Platz zu bekommen, ist bislang gescheitert. Nun sucht die Familie mit Rebus-Frau Steentjes nach einer Lösung. "Das schlechte Zeugnis ist gar nicht das Problem", sagt Gerrit Gley. "Es geht darum, herauszufinden, was ihn am Lernen hindert."


Hier gibt es Rat:


Nummer gegen Kummer: 0800/111 03 33 (Mo-Sa, 14-20 Uhr)


Rebus-Zeugnistelefon: 040/428 63 39 43 (Mi, 15., bis 17. Juli, 8-16 Uhr)