Nun ist Schulsenatorin Christa Goetsch (GAL) der Kragen geplatzt. Der Senat hat gestern das Gastschulabkommen mit Schleswig-Holstein zum 31. Dezember gekündigt.
Seit Ende 2005 hatten die beiden Landesregierungen ohne greifbares Ergebnis über eine Erhöhung der Ausgleichszahlungen verhandelt, die Schleswig-Holstein für den Schulbesuch seiner Landeskinder in Hamburg leisten muss.
Seit Anfang 2004 überweist Kiel den Nachbarn im Süden jährlich 8,5 Millionen Euro. Nach Berechnungen der Schulbehörde musste Hamburg für den Unterricht der jungen Schleswig-Holsteiner im Schuljahr 2007/08 jedoch mehr als 30 Millionen Euro aufwenden - es geht also um eine Differenz von rund 22 Millionen Euro. Schon 2004, als der Schulsenator noch Rudolf Lange hieß und der FDP angehörte, galten die 8,5 Millionen Euro nicht als "voller Ausgleich", sondern als Zeichen des politischen Entgegenkommens.
Doch seitdem hat sich die Zahl der Gastschüler aus Schleswig-Holstein mehr als verdoppelt. Laut aktuellem Stand besuchen 6315 junge Schleswig-Holsteiner Hamburger Schulen, während nur 747 Hamburger den umgekehrten Weg antreten. Per Saldo schlagen also 5568 schleswig-holsteinische Schüler zu Buch. Im Jahr 2004 lag der "Überschuss" nur bei rund 2700 Schülern.
Die Ursachen für den sprunghaften Anstieg sind unklar. Nach Ansicht von Experten in der Schulbehörde könnte ein Grund darin bestehen, dass Familien, die ins Umland ziehen, ihre Kinder weiter in Hamburger Schulen lassen oder sie aus Verbundenheit dort anmelden.
Den größten Anteil machen die 2325 Kinder aus, die staatliche allgemeinbildende Schulen in Hamburg besuchen. Mit 1260 Jungen und Mädchen entfällt der Löwenanteil auf die Gymnasien. Per Saldo besuchen 1961 Schleswig-Holsteiner mehr Hamburger staatliche allgemeinbildende Schulen als umgekehrt.
Bei den staatlichen berufsbildenden Schulen beträgt der "Überschuss" 1300 Schüler, bei den nicht staatlichen berufsbildenden Schulen sind es 502 Schüler. Mit 1610 Schülern schlagen die privaten allgemeinbildenden Schulen - die Waldorf- und die konfessionellen Schulen - zu Buch. Die letzte Gruppe ist der Bereich der Erwachsenenbildung mit 195 Schülern.
Mit der vorsorglichen Kündigung des Gastschulabkommens soll die automatische Verlängerung um ein weiteres Jahr verhindert werden. Es ist der ausdrückliche Wunsch des Senats, mit Schleswig-Holstein zu einer neuen finanziellen Vereinbarung zu kommen. "Wir wollen, dass Schüler aus Schleswig-Holstein auch weiterhin Hamburger Schulen besuchen können und umgekehrt", sagte Behördensprecherin Brigitte Köhnlein.
Falls eine Einigung scheitern sollte, könnten die aktuellen Pendelschüler aus Schleswig-Holstein ihre Ausbildung in Hamburg auf jeden Fall beenden.