Mit einem Modellprojekt fing es an. Jetzt hat “Box Out“ sein Trainingszentrum in Hammerbrook eröffnet.

Unscheinbar duckt sich das Institut für Fitnesspädagogik in den ersten Stock des Bürohauses am Heidenkampsweg 84. Das Lärmen von Jugendlichen, zusammen mit dem steten Aufeinanderklatschen lederner Boxhandschuhe, lässt den Beobachter eintauchen in die besondere Atmosphäre, die seit einigen Wochen hier herrscht.

Das Projekt "Box Out" hat Anfang Mai in Hammerbrook sein erstes eigenes Gym eröffnet. Vergangenen Sonnabend wurde es mit 250 Gästen eingeweiht. Ein Meilenstein für den jungen Verein, der sich zum Ziel gesetzt hat, sozial benachteiligte Jugendliche zu Disziplin zu erziehen und sie an Regeln zu gewöhnen.

Gestartet waren die Initiatoren, die Sportlehrer Olaf Jessen (43) und Christian Görisch (38), im Herbst 2007 mit einem Modellprojekt an vier Hamburger Schulen. Schüler der 6. und 7. Klassen wurden in einem Neigungskurs mit dem Boxsport vertraut gemacht. Die Arbeit an den Schulen bildet heute noch die Basis von "Box Out". Für das im August beginnende Halbjahr sind bereits 30 Schulen angemeldet. Elf Trainer beschäftigt "Box Out".

Der Nutzen des Trainings wurde in Zusammenarbeit mit den Unis Kassel und Hamburg wissenschaftlich belegt: sportmotorische Fähigkeiten werden gesteigert, das soziale Lernen verbessert sich deutlich. "Das Angebot hilft den Schülern zu lernen, wovon gerade die ganz harten Jugendlichen immer reden: Respekt!", sagt Hiltrud Kneuer, Leiterin der Schule Slomanstieg auf der Veddel. "Wir unterstützen das Projekt, weil es einen wichtigen Beitrag zur Gewaltprävention darstellt" sagt Wolfgang Sielaff, Landesvorsitzender der Opferhilfe-Organisation Weißer Ring e.V. "Box Out ist ein gelungenes soziales Projekt. Es vermittelt gleichermaßen Selbstbewusstsein und Selbstbeherrschung", lobt Karsten Plog, Vorstandsmitglied der BürgerStiftung Hamburg. Die Befürchtung der Kritiker, durch das Boxtraining würden gefährdete Jugendliche zu Kampfmaschinen gemacht, kann Jessen entkräften. "Wer sich im Ring und auch außerhalb nicht an Regeln hält, wird vom Training ausgeschlossen. Ganz harte Fälle geben wir an Experten ab." Die Eröffnung des Gyms am Heidenkampsweg soll interessierte Schüler über das Schultraining hinaus an den Boxsport binden. Dabei legt Görisch großen Wert darauf, den Vereinen der Stadt keine Mitglieder abzuwerben. "Wir wollen den Jugendlichen Möglichkeiten aufzeigen. Wenn sie dann den Weg in einen Verein in ihrer Nähe finden, ist das perfekt."

100 000 Euro pro Schulhalbjahr veranschlagen Görisch und Jessen für ihre Arbeit. Durch den Einstieg von Sponsoren wie der Postbank, der Hermann-Reemtsma-Stiftung oder dem Profistall Universum ist "Box Out" für das Schuljahr 2009/10 abgesichert. Dennoch werden ständig neue Unterstützer gesucht. Um auch Einzelpersonen dafür zu begeistern, bieten Görisch und Jessen im neuen Gym das sogenannte Supporter-Training an. Für monatlich 69 Euro können Interessierte selbst trainieren und gleichzeitig einen Jugendlichen sponsern.

Die Initiatoren verbinden mit dem Einstieg potenter Einzelpersonen und Firmen die Hoffnung, ein soziales Netzwerk aufzubauen, von dem alle profitieren. "Wir möchten, dass Jugendliche durch das Training mit Supportern Kontakte knüpfen, um Ausbildungs- oder Arbeitsplätze zu finden", sagt Görisch. Diesen Effekt erhofft sich auch die Arbeitsagentur, die gemeinsam mit "Box Out" ein neues Pilotprojekt gestartet hat.

In achtwöchigen Kursen von je acht Einheiten a 90 Minuten werden junge Erwachsene unter 25 Jahren, die keinen Schulabschluss oder keine Lehrstelle haben, mit einer Mischung aus sportlichem und pädagogisch-psychologischem Training auf Werte und Normen des alltäglichen Lebens vorbereitet.

"Wenn wir es schaffen, auf diesem Weg sozial benachteiligte junge Menschen für ein geregeltes Leben fit zu machen, hätten wir eine Menge erreicht", sagt Görisch. "Viele von denen, die mit uns trainieren, haben im Leben harte Schläge einstecken müssen und liegen vielleicht schon am Boden. Aber sie müssen lernen, aufzustehen und mit Sinn und Verstand zu kämpfen. Wo lernt man das besser als beim Boxen?"