Wenn Schüler mit einem Politiker mal richtig “Klartext“ über Klimaschutz und Integration reden wollen und hinterher wissen, dass er den autofreien Sonntag auf einem Boot in Berlin verbringt - war die Veranstaltung dann vergebens oder besonders gelungen?

Im Fall der Zwölftklässler, die gestern Abend im KörberForum Ole von Beust (CDU) in die Mangel nahmen, traf eindeutig Letzteres zu. Denn der Bürgermeister gab nicht nur für einen Spitzenpolitiker ungewöhnliche Einblicke in sein Privatleben, sondern beantwortete auch geduldig und offen alle Fragen der Schüler.

Dabei sparten diese zum Auftakt der Veranstaltungsreihe "Klartext - Jugendliche fragen nach" keinesfalls mit Kritik: Der schlechte Zustand der Radwege, die Kostenexplosion bei der Elbphilharmonie, das Kohlekraftwerk Moorburg und die geplante Elbvertiefung - alles kam auf den Tisch. Und von Beust wich nicht aus. Beispiel Radwege: "Allenfalls Note 4" würde er denen in Hamburg geben, er wisse, dass die Situation "überhaupt nicht befriedigend" sei. Aber der Senat steuere mit einem 15-Millionen-Programm gegen. Seine Ankündigung, das neue Fahrradleihsystem komme "noch im ersten Halbjahr", verwunderte allerdings - schließlich wurde die Einführung gerade wieder verschoben. Oder meinte der Bürgermeister das erste Halbjahr 2010?

Dass er nicht ehrlich war, konnte man ihm jedenfalls nicht vorhalten. Auf die Frage, ob Hamburg den Titel "Umwelthauptstadt 2011" verdiene, sagte von Beust: "Wir haben ja erst 2009. Wir müssen uns riesig anstrengen, dem Titel gerecht zu werden." 200 000 energetisch sanierte Wohnungen, die Einführung von Wasserstoffbussen oder die Reduzierung des Flächenverbrauchs stünden aber schon auf der Habenseite.

Auch die Frage, was bei der Integration schiefläuft, nutzte er zu einem Mix aus Lob der eigenen Politik und Selbstkritik: Die CDU habe zu lange die Haltung, Deutschland sei kein Einwandererland, "wie eine Monstranz" vor sich hergetragen. SPD und Grüne hätten zu lange ihren Multikulti-Idealen angehangen. Von Beust: "Das war von beiden Seiten idiotisch." Ist also Politikverdrossenheit auch Schuld der Politik? "Ja, sicher", sagte der Bürgermeister. Klartext, wie Schüler ihn sich wünschen.