Im nächsten Schuljahr startet ein Musikprojekt an 61 Schulen. Harburger Schüler dürfen schon einmal testen.

Das Cajón gibt den Rhythmus vor: eins, zwei, drei, vieeeeer. Runde um Runde gehen die Kinder im Kreis, finden den Rhythmus nach dem Schlag der Trommel. "Shejla und Leon auch ans Cajón", ruft Musiklehrer Andreas Bertow. Nach und nach nehmen alle Schüler sich ein Instrument. Snare-Drums rascheln, Klangstäbe klingen, dazwischen das leichte "Bling" der Triangeln. Patricio (7) zupft den Kontrabass. Alles vermischt sich zu einem gleichmäßigen Klangteppich. Bis Emir fragend aufschaut. "Hör auf mich", sagt sein Lehrer. Ein paar Takte später hat der Junge in das gemeinsame Spiel zurückgefunden.

Musikunterricht in der Klasse 1a an der Schule Maretstraße. Die Harburger Ganztagsschule ist eine der Modellschulen des Projekts "Jedem Kind ein Instrument" (Jeki), das im nächsten Schuljahr an 61 Hamburger Schulen starten soll. "Die Kinder können verschiedene Instrumente kennenlernen und erleben, dass sie unterschiedliche Stimmungen erzeugen", sagt Musikpädagoge Bertow. Seine Erfahrungen nach zwei Jahren sind positiv: "Die Schüler lernen aufeinander zu hören."

Im Musikraum steht ein Schlagzeug. Es gibt ein Klavier, Gitarren, Xylofone und verschiedene Trommeln. "Das Ausprobieren ist ganz wichtig. Als nächsten Schritt sollen die Kinder lernen, auch Gefühle mit den Instrumenten klanglich umzusetzen", sagt Anke Dieterle, die als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Musikhochschule das Projekt mitentwickelt. Nach den ersten beiden Schuljahren, in denen erste musikalische Grundbegriffe vermittelt werden, können die Schüler sich für ein Instrument entscheiden, das sie in der dritten und vierten Klasse erlernen und auch mit nach Hause nehmen dürfen - ohne dass den Eltern Kosten entstehen. Ähnliche Programme laufen bereits in Nordrhein-Westfalen und Hessen.

In Hamburg beginnen nach den Sommerferien 3250 Zweitklässler mit dem veränderten Musikunterricht, der aus Sicht der Schulbehörde "hervorragend zum Konzept der zukünftigen Primarschulen passt". Ziel ist neben Freude am eigenen Musizieren die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder zu unterstützen. Bis Ende 2012 wird etwa ein Viertel aller Zweit,- Dritt- und Viertklässler dabei sein, insgesamt etwa 10 000 Schüler. Bei der Auswahl wurden Schulen in sozial benachteiligten Gebieten bevorzugt. Bis tatsächlich jedes Kind ein Instrument bekommt, wird es noch einige Zeit dauern. Der Senat plant derzeit Ausgaben in Höhe von 7,4 Millionen Euro.

"Der Unterricht findet mit speziell ausgebildeten Instrumentenlehrern in Gruppen von sieben bis 13 Schülern statt", sagt Jeki-Projektleiter Theo Huß. Welche Instrumente zur Wahl stehen, entscheiden die Schulen. Für die Erstausstattung gibt es 10 000 Euro pro Schule. Danach stellt der Senat 2010 und 2011 Beschaffungsmittel in Höhe von je 1,1 Mio. Euro zur Verfügung.

An der Ganztagschule Maretstraße sind inzwischen die ersten Gitarren, Flöten, E-Pianos und Geigen bestellt. "Unsere Schüler haben zu Hause keine Musikinstrumente und auch keine Chance auf privaten Unterricht", sagt Musiklehrer Bertow, in dessen Klasse 90 Prozent der Schüler einen Migrationshintergrund haben. Auch Leon (7) freut sich schon darauf, dass es endlich losgeht. "Ich möchte Schlagzeug lernen. Das ist so schön laut."