Gewaltvideos angucken, SMS schreiben - dagegen gehen Lehrer jetzt härter vor und ziehen die Mobiltelefone vorübergehend ein.

In Schulen wird strenger gegen das Telefonieren mit dem Handy vorgegangen. Besonders hart greift Schulleiter Ulrich Mumm (62) an seinem Gymnasium Allee in Altona durch. "Allein der Blick eines Schülers auf das Display reicht schon aus, und das Handy wird von den Lehrern einkassiert", sagt er. Auslöser für das Durchgreifen sind Gewaltvideos, die auf den Telefonen von elf Jahre alten Schülern entdeckt wurden. Erwischen sie einen ihrer Schüler während des Unterrichts mit einem Telefon in der Hand, kann es bis zu einer Woche dauern, bis die Jugendlichen ihre Geräte wiederbekommen.

Die eingesammelten Handys werden in einem abschließbaren Rollcontainer verwahrt. Zehn bis elf Geräte seien dort derzeit gelagert. Ein bis zwei kämen täglich neu dazu.

Wie eine Umfrage des Hamburger Abendblatts unter 13 Schulen aller Formen in den Bezirken Altona, Eimsbüttel, Nord, Wandsbek, Mitte, Bergedorf und Harburg ergab, wurde in den vergangenen Jahren an fast allen Schulen im Stadtbereich ein Handyverbot eingeführt. Johanna Götze-Weber, Sprecherin der Behörde für Schule und Bildung, sagt: "Ob und inwiefern sie eine solche Vorschrift einführt, muss jede Schule für sich selbst entscheiden."

Einige Schulen gehen sogar noch einen Schritt weiter. Dort müssen die Handys während der gesamten Schulzeit ausgeschaltet bleiben. Auch auf dem Pausenhof. SMS schreiben, Videos oder Fotos machen: Fehlanzeige.

Auch an der Haupt- und Realschule Veermoor in Lurup war ein brutales Handyvideo der Hauptgrund für ein strenges Verbot. Schulleiter Wolfgang Deppe-Schwittay (61): "Bei uns wird das Telefon nach dem ersten Verstoß zwei Tage einbehalten. Bei einem zweiten Missbrauch ist es schon eine ganze Woche." Weil der Störfaktor im Unterricht einfach zu hoch war, habe selbst der Schülerrat diesen Regeln zugestimmt.

Wird das Handy öfter als einmal wegen Missachtung des Verbots eingezogen, werden an der Kooperativen Schule Tonndorf die Eltern der Schüler benachrichtigt. In einer vergleichbaren Weise werden die Richtlinien auch am Gymnasium Grootmoor in Bramfeld umgesetzt. Das Telefon darf zwar in die Schule mitgenommen werden, muss aber ausgeschaltet bleiben. Erst in der Mittagspause darf wieder gesimst werden. "Wenn es während des Unterrichts klingelt, dann ziehen wir es sofort ein", sagt Schulleiter Rainer Hencke (60). "Dann stört es schließlich nicht nur den Lehrer, sondern auch alle anderen Schüler. Die Konzentration ist vollkommen weg."

Nicht ganz so eng sieht es Alfons Weigmann (61), Schulleiter der Grund-, Haupt- und Realschule Goosacker in Osdorf. Für ihn ist auch die Stimmung in der Schule wichtig. Scharfe Kontrollen finden deshalb auf dem Schulhof nicht statt. "Es muss zwar klare Regeln geben, aber man darf nicht vergessen, dass das Handy heute zum gesellschaftlichen Leben dazugehört", sagt er.

Die Schule Griesstraße in Hamm-Nord setzt neben ihrem Handyverbot auch auf Medienerziehung. Schulleiterin Antje Zingel (56) sagt dazu: "Die Schüler lernen im Unterricht, mit Medien wie Handys und MP3-Playern umzugehen. Damit soll ein Missbrauch verhindert werden." Fälle von Cybermobbing habe es an der Schule auch schon gegeben. "Nur Verbote auszusprechen reicht aber nicht aus."

Ähnlich sieht es auch Ruben Herzberg (57), Schulleiter des Ganztagsgymnasiums Klosterschule in St. Georg. "Durch unsere nicht allzu strengen Richtlinien haben die Schüler kein großes Interesse am Regelbruch." Hier dürften die Jugendlichen in der Pause telefonieren und mit Musik entspannen.

Sogar Grundschulen haben ein Handyverbot eingeführt. "Die meisten Kinder haben aber noch gar kein Telefon - und wenn doch, bleibt es aus. Wir wünschen uns, dass die Schüler zwischen den Unterrichtsstunden miteinander spielen", sagt Schulleiter Rüdiger Clausen von der Schule Bahrenfelder Straße in Ottensen.

Andreas Hamm (57), Referent bei der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), hält ein Handyverbot für schlecht umsetzbar. "Solche Regelungen sorgen nur für Chaos und Auseinandersetzungen", sagt er. "Es muss machbar sein, dass ein Lehrer mit seiner Klasse eine Absprache trifft und sich dann auch alle daran halten", sagte Hamm. In 90 Prozent der Klassen sei die Durchsetzung einer solchen Vereinbarung möglich. "Durch Regelungen wie das Handyverbot werden Pädagogen nur zusätzlich in ihrer Arbeit eingeschränkt."