Beamtenstatus und ein höheres Einkommen: Die Hansestadt lockt viele Lehrer von außerhalb an. Nils Schuler ist einer von ihnen.

Hamburg. Für die Umsetzung der Schulreform, deren Kosten der Senat mit 74 Millionen Euro beziffert, will Hamburg künftig 970 zusätzliche Lehrer einstellen. Mit Schwierigkeiten, eine solche Anzahl geeigneter Pädagogen anwerben zu können, rechnet die Bildungsbehörde nicht. "Wir haben momentan für jede Lehrerstelle einen Überhang von fünf oder sechs Bewerbern", sagt Sprecherin Brigitte Köhnlein.

Die Verbeamtung auf Lebenszeit und ein höheres Einkommen machen Hamburg besonders für Lehrer aus Bundesländern attraktiv, in denen sie ihr Berufsleben als schlecht bezahlte Angestellte fristen müssen. So wie in Berlin: Hier werden Lehrer seit 2004 nicht mehr verbeamtet; außerdem liegt die Hauptstadt in Sachen Lehrereinkommen als Schlusslicht acht Prozent unter dem Bundesdurchschnitt, Hamburg dagegen vier Prozent darüber.

Nils Schuler, 36, wollte sich das nicht länger gefallen lassen. Nachdem er dreieinhalb Jahre in Berlin als Lehrer gearbeitet hatte, tauschte er seinen Arbeitsplatz an der Spree im Februar 2009 gegen einen an der Elbe. Er unterrichtet an einer Jenfelder Grundschule Deutsch, Sachkunde, Sport und Musik. "In Berlin fühlte ich mich ungerecht behandelt", sagt er. "Ich saß im Lehrerzimmer neben Kollegen, die mit einer ebensolchen Ausbildung wie ich für die gleiche Arbeit mehr Geld bekamen und überdies klarere Karriereaussichten haben." Dazu, dass er seine berufliche Laufbahn nun als Beamter fortsetzen kann, kommt noch ein höheres Einkommen - für den Vater eines dreijährigen Sohnes ein ebenso wichtiger Aspekt. "Ich habe jetzt monatlich 557 Euro mehr in der Tasche", sagt Schuler.

Tatsächlich gehört Hamburg mit zu den Bundesländern, die ihre Lehrer am besten bezahlen. In der Besoldungsgruppe A12 (Primarstufe und Sekundarstufe I) verdienen Pädagogen in den ersten Berufsjahren 3292 Euro brutto, nach etwa 20 Dienstjahren 3518 Euro. An Gymnasien und Berufsschulen bekommen sie in der Besoldungsgruppe A13 zunächst 3675 Euro, dann 3917 Euro. Abzuziehen ist davon jeweils die Lohnsteuer und der Beitrag zu einer privaten Krankenversicherung. "Eine private Versicherung ist natürlich teurer als eine gesetzliche", sagt Nils Schuler. "Trotzdem bleibt mehr übrig, denn als Angestellter musste ich hohe Sozialabgaben an die Stadt Berlin zahlen."

Das Interesse, sich in Hamburg um eine Lehrerstelle zu bewerben, nimmt zu. Unter den 764 Lehrern, die im Schuljahr 2008/09 eingestellt wurden, kamen 33 Pädagogen aus anderen Bundesländern; im laufenden Schuljahr sind unter 778 Neueinstellungen bereits 57 zugereiste Kollegen.

Mit der Einstellung von 970 neuen Lehrkräften geht der Hamburger Senat noch weiter, als der Duisburger Klaus Klemm gefordert hat. Der Professor für Bildungswissenschaften hatte im vergangenen Jahr festgestellt, dass in Hamburg bis zum Jahr 2015 jährlich zwischen 780 und 900 Lehrer neu eingestellt werden müssen. Zum einen, um die bei der Schulreform geplanten kleineren Klassen und den individualisierten Unterricht zu ermöglichen, aber auch, weil an Hamburgs Schulen überdurchschnittlich viele ältere Pädagogen unterrichten und es hier anders als in anderen Bundesländern keinen Knick bei den Schülerzahlen gibt.

Die Kosten für die zusätzlichen Lehrer und weitere Maßnahmen zur Unterrichtsverbesserung schlagen in diesem Jahr mit knapp 22 Millionen Euro zu Buche und wachsen weiter: 2011 sind es 51 Millionen, und von 2016 an ist die endgültige Höhe von 74 Millionen Euro pro Jahr erreicht. Dabei wird jeweils unterschieden zwischen den ohnehin im Rahmen der Schulreform geplanten Maßnahmen und denen, die die Bürgerschaft Anfang März nachträglich beschlossen hat, um den Reformgegnern entgegenzukommen - vor allem durch die Absenkung der Klassenfrequenzen und die Abschaffung des Büchergelds, was der deutlich teurere Teil ist. Im Jahr 2010 macht dies zum Beispiel knapp 13,3 der 22 Millionen Euro aus und wird über neue Schulden finanziert, während der kleinere Teil aus dem Haushalt kommt.

Nachdem das Abendblatt gestern berichtete, dass bei der Finanzierung auch in den folgenden Jahren so verfahren wird, legt die Schulbehörde Wert darauf, dass das noch offen ist. Darüber werde erst mit Aufstellung des neuen Doppelhaushalts 2011/2012 beraten.