Burgfrieden im Gastschulstreit. Neues Abkommen soll Mitte 2010 fertig sein. Schärfere Überprüfungen für die Interimszeit angekündigt.

Hamburg. Im Dauerstreit um das Gastschulabkommen haben Hamburg und Schleswig-Holstein einen befristeten Burgfrieden geschlossen. Die gestern vom Hamburger Senat und dem Kieler Kabinett verabschiedete Übergangsreglung gilt bis Ende des Jahres. Beim Grundsatzabkommen, das Ende Juni fertig sein und 2011 in Kraft treten soll, liegen die Positionen nach wie vor weit auseinander. Hamburg verlangt für die derzeit 6226 Schulpendler aus dem Nachbarland 31 Millionen Euro, bekräftigte Schulstaatsrat Ulf Vieluf am Dienstag erneut. Der schleswig-holsteinische Bildungs-Staatssekretär Eckhard Zirkmann sagte in Kiel: "Wir wollen uns eher in der Nähe des jetzigen Betrags von 8,5 Millionen Euro wiederfinden." Grund: In Schleswig-Holstein pauken 1001 Schüler aus Hamburg und zudem deutlich mehr Heimkinder als bisher bekannt.

Leidtragende des schwelenden Konflikts sind Schüler und Eltern. Laut Übergangsreglung können Schüler aus der Metropolregion zum kommenden Schuljahr nur unter besonderen Bedingungen an Hamburger Schulen aufgenommen werden:

Gymnasiasten aus Barsbüttel (Stormarn)

Schüler mit Behinderungen (Höchstgrenze 150 Schüler)

Schüler an privaten Schulen

Auszubildende, die schneller an einer Hamburger als an einer schleswig-holsteinischen Berufsschule sind . Ausnahmen sind begründete Härtefälle.

Auch für Schüler mit Wohnsitz in Schleswig-Holstein, die bereits in Hamburg unterrichtet werden, verschärfen sich die Bedingungen. Grundsätzlich werden sie beim Übergang in die nächste Schulstufe - also nach der vierten Klasse und nach der zehnten Klasse - erneut überprüft. Gelten sie nicht als Härtefall, müssen sie die Schule verlassen (das Abendblatt berichtete). Nach Angaben des Hamburger Schulstaatsrats Vieluf haben die Schulen bislang 44 Zehntklässler zur Überprüfung gemeldet, davon haben sieben Familien einen Härtefallantrag gestellt. Die Behörde schätzt die Dunkelziffer jedoch weitaus höher und kündigte strengere Überprüfungen an.

Schon in den vergangenen Wochen hatte die Position Hamburgs, Gastgymnasiasten nach Klasse 10 abzuschulen und sie bis zum Abitur nach Schleswig-Holstein zu schicken, für heftige Proteste gesorgt. Dafür sehe man keine Rechtsgrundlage, hieß es gestern in Kiel. Schleswig-Holsteins Bildungsminister Ekkehard Klug (FDP) kritisierte, dass Hamburg über Jahre das Tor für Gastschüler weit aufgemacht habe und es nun abrupt schließe. "Hamburg darf seine eigenen Fehler nicht zulasten der Schüler beheben", sagte Klug dem Hamburger Abendblatt.

Auch in Hamburg wächst der Widerstand. SPD-Schulexperte Ties Rabe forderte erneut, Schüler aus Schleswig-Holstein, die derzeit eine Hamburger Schule besuchen, müssten an diesen Schulen auch ihre Abschlüsse machen können. Die Schulbehörde habe das Gastschulabkommen gekündigt, ohne sich über die Folgen klar zu sein. "Sie hat hoch gepokert - und zumindest bis heute nichts gewonnen", sagte Rabe. Tatsächlich hatte Hamburg die erhofften Mehreinnahmen aus dem Gastschulabkommen bereits fest eingeplant: beginnend mit drei Millionen Euro zusätzlich in diesem Jahr bis acht Millionen ab 2012. Nun zahlt Schleswig-Holstein sogar weniger: Das Land hatte für 2010 eine Überweisung von 9,25 Millionen Euro vorgesehen - 750 000 Euro mehr, als jetzt fällig werden.