Olaf Scholz zu Gast an seiner ehemaligen Grundschule. Sein Zeugnis war so gut wie seine Umfragewerte heute.

Hamburg. Und dann entsteht doch noch dieses Bild, das Olaf Scholz eigentlich vermeiden will. Er sitzt auf einem zu kleinen Stuhl und lächelt, so als wenn nichts los wäre. In diesem Moment ist die Szene zwar eine Reise in die Vergangenheit, der SPD-Landeschef besucht seine einstige Grundschule in Großlohe, um für die Primarschule zu werben. Doch sie erinnert daran, dass auch das Amt des Hamburger Parteichefs für den ehemaligen Bundesarbeitsminister eigentlich nicht groß genug ist. Auch wenn er selbst das so nicht sagt: Scholz wird bereits als nächster Landesvater gehandelt. Sein politisches Gewicht würde dann nur ein Stuhl tragen können; der des Bürgermeisters.

Doch vor der Zukunft geht es tiefer in die Vergangenheit. Bohnerwachs und Linoleum, der ewige Schulgeruch, liegt in den Gängen. Scholz' Zeugnis liegt schon im Büro des Schulleiters bereit. "Allgemeine Haltung: Sehr gut", hat seine Klassenlehrerin im Jahr 1969 geschrieben. Sie heißt Annegret Raulfs, steht nun neben dem Spitzen-Genossen und will nur gute Erinnerungen an ihn haben: "Brav, schüchtern, nett", so sei der Herr Scholz gewesen. Das Klassenfoto zeigt ihn in der ersten Reihe: rotes Hemd, die Hände gefaltet, die Haltung aufrecht. Schmerzhaft aufrecht, so wie alle Schüler auf diesem Foto. "Damals wurde eben noch mehr gedrillt", sagt die Klassenlehrerin.

Kommt da etwa ein Streber nach Hause? "Das will ich jetzt nicht vertiefen", sagt Scholz. Gut gelaunt spricht er von "guten Erinnerungen". Details verrät er aber kaum. Keine Heldengeschichten also.

Eine zentrale Botschaft hat der Sozialdemokrat dennoch. Nur wenige seiner Klassenkameraden hätten damals Abitur machen können. Bereits im November sprach Scholz auf einem Parteitag von einem begabten Mitschüler, den seine Eltern die Hochschulreife nicht erreichen ließen. "Seine Tränen werde ich nie vergessen", sagt Scholz. So was soll mit dem längeren gemeinsamen Lernen nun aufhören. Von seiner Klassenlehrerin, die später an einer Gesamtschule in den Elbvororten unterrichtete, bekommt Scholz für seine Meinung jedenfalls gute Noten: "Die Gymnasien sind oft sehr einseitig", sagt sie.

Schulpolitik ist für die Hamburger SPD die Chance, innerhalb des Schulfriedens aus der Opposition heraus sozialdemokratische Politik zu machen. Die öffentliche Verknüpfung mit der eigenen Schulzeit bietet eine weitere Chance: Während auch Bürgermeister Ole von Beust (CDU) mit einem persönlichen Foto aus der Schulzeit aufwartet, dürfen die Hamburger nun auch den neuen Sympathieträger der SPD näher kennenlernen. Denn gewöhnlich sind Homestorys und derlei nicht Sache eines Olaf Scholz.

"Warum sind Sie Politiker geworden?", fragt ein Schüler. "Weil ich diese Welt verbessern will", sagt Scholz. Das Klassenzimmer ist bunt, auf den Namensschildern steht Prince, Tamara, Senid. Hier, im Osten Hamburgs, erhält laut Schulleitung jedes dritte Kind zusätzliche Sprachförderung. "Und was macht ihr nachmittags?", fragt Scholz. "Computerkurs", antwortet ein Schüler. "Offene Betreuung, da kann man auch spielen", sagt eine Schülerin. Scholz gefällt das: "Schule muss ganztags sein, man kann nicht ununterbrochen lernen."

Auch der Besuch bei der Kita gegenüber fehlt nicht. Scholz setzt sich für eine kostenlose Kinder-Tagesbetreuung ein. "Hamburg wird immer mehr zur Prestigestadt", erzählt dort ein Vater. "Man hat das Gefühl, dass die Regierung eine Elbphilharmonie baut, während normal verdienende Eltern auch ruhig an den Stadtrand ziehen sollen." Scholz hört zu. Das alleine scheint in Tagen seines Auftriebs auf die Eltern zu wirken wie ein Versprechen auf bessere Zeiten.

Nur einmal unterbricht er eine Mutter, die erzählt, in Hamburg werde teilweise für Tiere mehr getan als für Kinder. "Na, wir wollen mal nicht übertreiben", sagt Scholz.