Die Internate im Norden setzen auf Transparenz und schnelle Hilfe von außen

Die Internatsschulen im Hamburger Umland spüren die Folgen der Missbrauchsfälle und Prügelexzesse in deutschen Internaten. "Eltern fragen verstärkt nach Führungszeugnissen unserer Mitarbeiter", sagt Rüdiger Hoff, pädagogischer Leiter des Nordseeinternats St. Peter-Ording.

Laut Hoff fürchten Eltern vor allem geschlossene Strukturen, die es Kindern schwer machen, sich bei Kummer und Nöten einem Menschen anzuvertrauen. Lange vor dem Bekanntwerden vieler Missbrauchsfälle in Internaten und Schulen habe das Nordseeinternat offene Strukturen geschaffen. "Unsere Schüler können sich zum Beispiel jederzeit an Vertrauenspersonen außerhalb des Internats wenden", sagt Hoff.

Das Internat Louisenlund im schleswig-holsteinischen Güby gehört mit 330 Kindern und Jugendlichen zu den größten in Deutschland. Die Einrichtung bemüht sich, mit dem Thema Missbrauch so offensiv wie möglich umzugehen. Internatsleiter Professor Werner Esser kann die Skepsis der Eltern nachvollziehen und hat schnell reagiert. "Wir haben alle Schüler- und Personalakten aus Vergangenheit und Gegenwart einem pensionierten Richter zur Verfügung gestellt", sagt Esser. "Er hat sie intensiv durchgearbeitet und keinen Hinweis auf Vorfälle in diese Richtung gefunden."

Das Internat Schloss Rohlstorf nahe Bad Segeberg informiert Eltern auf seiner Homepage ausführlich über die Strukturen im Haus: Es gebe keine "Machtkopplung", da die Gruppenbetreuer nicht gleichzeitig als Lehrer fungierten. In Zusammenarbeit mit dem Ministerium in Kiel habe man ein Warnsystem entwickelt, wie mit Verdachtsfällen bei Kindeswohlgefährdung in der Einrichtung wie auch in der Familie umzugehen sei. Es seien Leitlinien erarbeitet worden, durch die jeder Mitarbeiter wisse, welche Instanz er bei Verdacht informieren muss.

"Alle unsere Schüler haben jederzeit die Möglichkeit, sich bei Bedarf an andere, öffentliche Stellen zu wenden, um dort Hilfs- und Beratungsangebote wahrzunehmen", heißt es. "Eine Verunsicherung in der Elternschaft stellen wir nicht fest", sagt der pädagogische Leiter Michael Roelofs. Internatschefin Annette von Rantzau führt das auf "höchstmögliche Transparenz" zurück.

Im Jahr 2001, zwei Jahre bevor Annette von Rantzau das damals insolvente Internat übernahm, hatten ehemalige Schüler Strafanzeige gegen einen Pädagogen wegen sexuellen Missbrauchs gestellt. Der Prozess zog sich über Jahre hin, der Angeklagte wurde verurteilt.