Was bringt das Turbo-Abi? Vor allem weniger Zeit für Hobbys. Und wie geht es den Schülern dabei? Die Meinungen gehen stark auseinander.

Das Abitur in acht Jahren (G 8) wurde auch in Schleswig-Holstein eingeführt und damit auch an den Elmshorner Gymnasien. Doch was versprechen sich die Politiker davon und wie ergeht es den Schülern dabei?

Die Meinungen von Eltern, Schülern und auch Lehrern zu diesem Thema gehen auseinander.

Wenn Schüler das erste Mal von G 8 hören, denken sie meist: "Cool, ein Jahr weniger Schule." Doch ist das wirklich so gut, ein ganzes Schuljahr zu streichen, nur um ein Jahr früher Abi machen zu können? Diese Frage stellen sich viele, sowohl die Eltern der Kinder, als auch die Lehrer, die durch die Einführung von G 8 einen spürbar längeren Arbeitstag haben. Es ist ein deutlicher Unterschied zu erkennen, zwischen Schülern aus Schulen in denen G 8 eingeführt wurde und Schülern aus Schulen die G 9 beibehalten haben. Die Schultage der Gymnasiasten, die ihr Abitur in acht Jahren schaffen müssen, sind deutlich länger als die der G 9-Schüler. Somit bleibt nach der Schule weniger Zeit für Hobbys und andere Aktivitäten. Es ist nämlich nicht so, dass man nach Hause kommt und nichts mehr zu tun hat und somit doch noch etwas Zeit für Hobbys und Freunde hätte. Eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden wäre für die Schüler ein Traum. Realistischer ist aber eine wöchentliche Arbeitszeit von 53 Stunden. Darin enthalten sind die Zeit für Hausaufgaben und die Nacharbeitszeit.

Wahrscheinlich kennt jeder Schüler und jeder Lehrer die Aussage: "Sie dürfen uns keine Hausaufgaben aufgeben. Wir haben heute einen langen Schultag."

Ein langer Schultag dauert acht Stunden. Da ich persönlich jeden Tag, bis auf Freitag, erst nach der achten Stunde Schulschluss habe, bringt dieser Spruch herzlich wenig, da wir ansonsten nie etwas aufbekommen könnten.

Außerdem ist der Stressfaktor bei G 8 relativ hoch, da man kaum noch dazu kommt, innerlich abzuschalten oder über Hobbys Spannung abzubauen. Viele Schüler klagen schon über Schlafstörungen, Überforderung und Angstzuständen.

Auch aus diesem Grund, haben in den vergangenen vier Jahren 25 Prozent der Schüler aus meiner Klasse die Schule gewechselt.

Wie funktioniert eigentlich der Schulsystemwechsel von G 9 zu G 8? Den Lehrern bleiben eigentlich nur zwei Möglichkeiten: alte Zöpfe abschneiden - sprich Themenbereiche streichen oder den Unterricht straffen und zusätzliche Schulstunden einführen. Da die Methode, sich Wissen in Form von Gruppenarbeit selbst zu erarbeiten, sehr zeitaufwendig ist, kehrt der Frontalunterricht zurück in die G 8-Schulen. Trotzdem reicht die Unterrichtszeit nicht aus, so dass die Schüler sehr viel nacharbeiten müssen.

Ein weiterer Nachteil, der jedoch nur meinen Jahrgang betrifft ist der, dass zwei Jahrgänge im selben Jahr ihren Abschluss machen. Die Schüler des letzten G 9-Jahrgangs und des ersten G 8 Jahrgangs machen 2016 ihr Abitur. Das sind doppelt so viele Schüler wie in anderen Jahrgängen. Sie alle stürmen im Anschluss die Universitäten und den Arbeitsmarkt.

Warum ist das funktionierenden Schulsystem geändert worden? Den Politikern wurde auch von der Wirtschaft eine verkürzte Gymnasialzeit nahe gelegt. In Deutschland, so hieß es, würde es zu lange dauern, bis die jungen Leute auf den Arbeitsmarkt kämen.

Sie würden von den Mitbewerbern aus anderen Ländern abgehängt und somit würde auch Deutschland als Wirtschaftsstandort abgehängt, lautete die Argumentation.

Die erhofften Vorteile - eine verkürtzte Gymnasialzeit, ein früherer Eintritt in die Arbeitswelt, größere Konkurrenzfähigkeit gegenüber ausländischen Mitbewerbern in einem weltweit vernetzten Wirtschaftssystems - sind möglicherweise bereits überholt. Schon melden sich Stimmen aus der Wirtschaft, die eben gerade eine gewisse Unreife der Studienabgänger bemängeln. Doch wie soll ein junger Mensch Reife, sprich Lebenserfahrung sammeln, wenn er die Zeit vom Kindergarten über Schule, Uni bis hin zum Job im Spurt hinlegt? Ist es eventuell doch von Vorteil, sein (Schul)Leben um ein Jahr sinnvolles Lernen zu verlängern, um dann im Endeffekt vieles für das Leben mitzunehmen?

Sind wir wie der Hase, der nur noch von Ziel zu Ziel hetzt, oder wie der Igel, der zwar langsam ans Ziel kommt, aber den Hasen trotzdem schlägt? Manchmal, so scheint es, ist ein gewisses Maß an Ausgewogenheit doch der Schlüssel zum Erfolg.

Diese Seite ist Teil des Abendblatt-Projektes "Schüler machen Zeitung", an dem auch die Schülerinnen und Schüler der Klasse 9b der Elsa-Brändström-Schule in Elmshorn teilgenommen haben. Lehrerin Brigitte Osthold hat den Nachwuchsjournalisten im Unterricht das Wissen und die Grundzüge des journalistischen Handwerks vermittelt.