Frauen dürfen fast alles: Zickig sein, heulen, quietschen, endlos shoppen. Welche Vor- und Nachteile hat das Frausein?

Hamburg. Ein Satz meiner fünfjährigen Nichte brachte mich zum Nachdenken. Sie spielte mit anderen Nichten und Neffen, als man sie fragte, wieso sie, herrisch und zickig - wie man es eigentlich erst von einer Mittzwanzigerin erwarten würde - darauf bestehe, dass ihre männlichen Spielkameraden ihr ein Bonbon aus der Süßigkeitenschale mitbringen sollen. Wieso sie ihr ihre Puppe aus dem anderen Zimmer holen müssten und sie gefälligst aus deren Fanta-gefüllten Trinkbechern mittrinken dürfe. Darauf antwortete sie: "Weil ich ein Mädchen bin!"

Tanten, Onkel und Omas brachen in schallendes Gelächter aus über diese selbstsichere Antwort. Ich allerdings lag abends wach in meinem Bett und dachte lange über jenen Satz nach. Dürfen wir Mädels tatsächlich mehr? Können wir wirklich mehr Nachsichtigkeit von der Welt verlangen, weil wir einen Rock anhaben? Welche Vor- und Nachteile hat das Frausein? Rein wirtschaftlich gesehen verdienen Frauen immer noch weniger als Männer - ein Kontrapunkt. Allerdings darf man uns auch nicht einfach feuern, wenn wir schwanger werden. Ist das ein Pro? Egal, also Gleichstand.

Jede Frau verteufelt ihr östrogenlastiges Dasein mindestens einmal im Monat, wenn sie ihre Tage bekommt. (Jetzt mal unter uns: Ganz ehrlich, warum musste Eva damals diesen bescheuerten Apfel essen? Hätte sie nicht auf Diät oder so sein können? Dann wäre Fruchtzucker für sie tabu gewesen und sie hätte somit nicht den Fluch des Blutes über ihr Geschlecht gebracht!) Dafür können wir unser Verhalten, wie unlogisch es auch sein mag, während dieser Zeit auf unseren Hormonhaushalt schieben. Eigentlich sind wir auf Diät, aber während unser Tage, da zählt das nicht so. Eigentlich sind wir nie zickig, aber während unserer Tage ...

Wir Frauen kriegen Kinder. Stimmungsschwankungen, geschwollene Knöchel, Schwangerschaftsstreifen außer Acht gelassen, siegen die Freuden des Mutterglücks - also Pro. Zumal wir in schwangeren Zuständen sogar das Recht haben, unseren Göttergatten nachts um elf zur Tankstelle zu jagen, um Ben&Jerry's-Eiscreme zu holen. Doppeltes Pro!

Okay, von uns Frauen, dem schöneren Geschlecht, wird erwartet, dass wir das auch wirklich sind: schöner. Wir sollen schlank sein, aber trotzdem noch kurvig. Sportlich, aber nicht zu muskulös. Am besten langbeinig und vollbusig. Sinnlich und unschuldig. Eine Köchin in der Küche, eine Magd im Wohnzimmer und eine Hure im Bett! Wie soll eine Frau denn bitte so vielen, teilweise widersprüchlichen Anforderungen gerecht werden ? Genau - gar nicht.

Staatsfeind Nummer eins im Land der Frauen sind die Kohlenhydrate. Fett, ja, aber nur gute Omega-3-Fettsäuren. Eiweiß, bitte! Sport und Wechselduschen. Pilates und Spinning. Low Carb, low fat, FdH, schlank im Schlaf - danach leben wir zeitweise. Dass dieser ganze Kram sich gegenseitig oft außer Kraft setzt, interessiert keinen. Meist hadern wir ein Leben lang mit uns: Der Po zu rund, der Busen dafür zu klein (oder andersherum), die Haut zu unrein (in reiferen Jahren zu faltig). Später, mit 80 Jahren, sehen wir Bilder von uns als Zwanzigjährige und denken: Mensch, was hatte ich nur auszusetzen, ich war doch eine Schönheit. Aber so ist es.

Von uns wird erwartet, schön zu sein. Jungs dürfen Pickel haben, da schaut keiner komisch, wenn der Pickel rot wie die Nase von Rudolph, dem Rentier, im Gesicht sprießt. Von einem Mädchen wird verlangt, dass es was dagegen tut. Wir sollen aufwachen und aussehen, als kämen wir eben vom Victoria's-Secret-Laufsteg. Ist doch so, oder nicht?

Ich will jetzt aber nicht nur jammern, denn es macht uns ja auch ungeheuren Spaß, uns hübsch zu machen. Überlegt mal, Mädels, was den Männern alles entgeht! Der rauschartige Zustand beim Einkaufen (was vielleicht auch daher rührt, dass man ungefähr an 35 verschiedenen Parfüms gerochen hat), dieses wohlige Kribbeln, wenn man sich etwas ausgesucht, gekauft und es vor Freude quietschend (auch etwas, was nur Mädchen dürfen) nach Hause tragen kann. Wenn das Konto es zulässt, müssen wir uns nicht entscheiden, ob wir den Pulli in Violett oder Magenta nehmen (ja, meine Herren, darin besteht sehr wohl ein Unterschied), wir können einfach beide nehmen!

Wir dürfen Geld ausgeben für Schuhe, von denen wir wissen, dass sie uns schreckliche Schmerzen und unserem Orthopäden ein fettes Plus auf dem Konto bereiten.

Wir, meine Damen, wissen eben genau um unsere Wirkung, die wir in High Heels und Kleid auf die Herren haben. Wir wissen, wir können mit einigen geschickt gesetzten Augenaufschlägen einen Cocktail spendiert bekommen. Ein paarmal Haare hin und her werfen (diejenigen mit einem Kurzhaarschnitt müssen in diesem Fall einfach ganz langsam etwas vom Boden aufheben oder äußerst lasziv einen Lolli lutschen) und bekommen die schweren Wasserkisten in den vierten Stock getragen oder die Autoreifen gewechselt. Emanzipation in allen Ehren, aber wir können erwarten, dass uns die Tür aufgehalten wird. Dass der Kerl beim Essen zahlt. Wir können, aber wir müssen nicht den ersten Schritt beim Flirten machen. Wir dürfen weinen bei "Titanic"! Wir müssen die komischen Gebrauchsanweisungen noch nicht mal verstehen, wenn wir nicht wollen, wir fragen einfach den netten Nachbarn.

Wir dürfen einen Bic Mac, eine große Pommes und eine Cola light bestellen. Wenn es uns schlecht geht, dürfen wir eine ganze Packung Eis essen. Wir dürfen heulen und kichern. Flirten und danach eine falsche Handynummer rausgeben. Welch ein Pro-Feuerwerk.

Also Frauen, lasst uns die Weiblichkeit feiern! Freut euch, Mädels, wir dürfen so viele tolle, spaßige, pinke Sachen, die Jungs nicht dürfen. Macht euch hübsch, geht raus und werft euer Haar! Flirtet und geht danach allein nach Hause, wenn ihr es wollt! Reagiert, denkt unlogisch und intuitiv - ihr dürft es. Eigentlich dürfen wir nämlich (fast) alles, was wir wollen.

Und warum? Ganz einfach: weil wir Mädchen sind.