Hamburg. Zwei Frauen waren unabhängig voneinander im Hamburger Westen unterwegs und wurden schwerwiegend verletzt.

Drei Fahrgäste sind am Dienstag durch in Linienbussen offenbar mutwillig verschüttete Lauge verletzt worden. Zwei 39 und 17 Jahre alte Frauen und ein Mann (41) erlitten Verätzungen, die im Krankenhaus behandelt werden mussten. Die örtliche Kripo hat die Ermittlungen wegen gefährlicher Körperverletzung aufgenommen, ist aber auch zwei Tage nach dem Vorfall nicht entscheidend vorangekommen. Selbst die Lauge, die die Verätzungen hervorrief, konnte bislang nicht eindeutig identifiziert werden, hieß es am Mittwochnachmittag.

Einen vergleichbaren Fall hat es bislang in Hamburg nicht gegeben. Das Motiv für die Tat ist unklar. Es waren Busse der Linie 22 und Linie 1, die betroffen waren. Beide Linien führen durch den Hamburger Westen und steuern unter anderem Ziele in den Elbvororten an. Zunächst traf es die 39-Jährige, die mit ihrem Mann im Bus der Linie 22 unterwegs war. Beide waren gegen 17.30 Uhr in Blankenese zugestiegen. Die Frau setzte sich auf einen Platz, auf dessen Sitzfläche die Lauge verteilt war.

Polizei Hamburg: Busse im Hamburger Westen betroffen

„Es entwickelte sich dadurch eine schwerwiegende Hautverletzung im Bereich des Gesäßes“, sagt Polizeisprecher Thilo Marxsen. Ihr Mann, der ihr geholfen und dabei mit der von Lauge benetzten Kleidung in Berührung gekommen war, wurde an den Händen verletzt. Die 39-Jährige musste vor Ort wegen der Verätzung versorgt werden. Sie kam anschließend mit einem Rettungswagen ins Krankenhaus. Ihr Mann hatte durch die Lauge gerötete Hände. Auch er wurde in eine Klinik gebracht.

Knapp eineinhalb Stunden später erlitt eine 17-Jährige auf vergleichbare Weise Verletzungen. Die junge Frau war am Paul-Nevermann-Platz in einen Bus der Linie 1 gestiegen. Auch sie setzte sich auf einen Platz, auch hier war auf der Sitzfläche Lauge verschüttet worden. Wie die 39-Jährige erlitt sie schwere Verätzungen am Gesäß, die im Krankenhaus behandelt werden mussten. In allen Fällen sind die Verletzungen nicht lebensgefährlich. Bei den beiden Opfern sollen durch die Verätzungen aber größere Wunden entstanden sein. Sowohl die Frauen wie auch der Mann wurden nach ihrer Behandlung aus dem Krankenhaus entlassen.

Höchster Wert: Lauge mit pH-Wert von 14

Die Polizei und auch das betroffene Busunternehmen überprüften nach den beiden Vorfällen die im Westen der Stadt eingesetzten Fahrzeuge. In einem Bus entdeckten Beamte einen Sitz, der mit Lauge benetzt war. Die Feuerwehr, darunter deren Umweltdienst, rückte an, um die Lauge zu beseitigen. Die Polizei stellte eine Probe sicher.

„Es gibt auch bislang keinen Hinweis auf einen Vorsatz“, sagte Polizeisprecher Holger Vehren am Mittwochnachmittag zu den beiden Vorfällen. Weitere Verletzte hätten sich nicht gemeldet. Es seien auch keine weiteren Sitze in anderen Bussen festgestellt worden, die mit ätzender Flüssigkeit benetzt waren.

Zunächst war nicht ausgeschlossen worden, dass Flusssäure auf die Sitzflächen gespritzt worden war. Sie wird immer wieder dazu benutzt, um in Glasscheiben sogenannte „Tags“ einzuätzen. Sie sind die chemische Variante der Signaturen, die häufig bei Graffiti zu finden sind, und zeigen, wer das Graffito gesprüht hat. Feuerwehreinsätze wegen Flusssäure gab es in der Vergangenheit immer wieder an Bushaltestellen, an denen die ätzende Flüssigkeit gegen Scheiben gesprüht oder aufgepinselt worden war.

Bei der Polizei geht man mittlerweile davon aus, dass es sich bei der Flüssigkeit in den Bussen nicht um Flusssäure handelt. Nach Informationen des Abendblatts soll eine Schnellanalyse der Lauge ergeben haben, dass sie einen pH-Wert von 14, den höchsten Wert in der Skala, aufweist. Dieser Wert weist auf Natronlauge hin, die in großen Mengen in der chemischen Industrie benutzt wird. Sie gilt als stark alkalische Lösung und ist so stark ätzend, dass sie schon nach kurzer Zeit menschliche Haut stark schädigt. Bekommt man Natronlauge in die Augen, kann das zu einer Erblindung führen.

Verursacher könnte Bus gewechselt haben

Die Polizei versucht mit Hochdruck den Hintergrund der Tat zu ermitteln. Allerdings liegen beide Buslinien nicht nur im Westen Hamburgs. Es gibt auch „Berührungspunkte“, an denen ein Täter von einem Bus in den anderen hätte umsteigen können. So treffen die beiden Linien an den Haltestellen Elbe-Einkaufszentrum, Knabeweg oder Langelohstraße zusammen. Auch der zeitliche Ablauf weist darauf hin, dass die Lauge von einer Person, beabsichtigt oder unbeabsichtigt, ausgebracht worden sein könnte.

Beide Linien werden von den Verkehrsbetrieben Hamburg-Holstein GmbH betrieben. Dort wollte man mit Hinweis auf die laufenden Ermittlungen keine Stellung zu den beiden Vorfällen nehmen. Die örtliche Kripo (LKA 123) hat am Dienstagmorgen die Ermittlungen vom Kriminaldauerdienst übernommen.

Ermittler haben Zugriff auf Überwachungskameras

Unter anderem können die Ermittler auf Videomaterial aus den Bussen zugreifen. In den Hamburger Linienbussen sind in der Regel Überwachungskameras installiert, die 48 Stunden digital aufzeichnen. Im Anschluss werden die Aufnahmen gemäß einer Vereinbarung mit dem Datenschutzbeauftragten wieder überschrieben.

Binnen 48 Stunden kann die Polizei bei Verdacht einer konkreten Straftaten die Aufnahmen allerdings sichern und auswerten. „Wir suchen aber auch Zeugen, die Beobachtungen gemacht haben, die im Zusammenhang mit den beiden Vorfällen stehen könnten“, sagte Polizeisprecher Marxsen. Wer Hinweise auf mögliche Täter geben kann, möchte sich beim Landeskriminalamt melden unter der Telefonnummer 040/428 65 67 89.