Hamburg. Die Polizei kommt der Feier an der Reeperbahn durch genaue Beobachtung auf die Spur. So lief die erste Nacht mit Sperrstunde.

Unbelehrbar: Polizisten haben in der Nacht zum Sonntag nach Beginn der Sperrstunde 90 Gäste einer Party aus einem Keller an der Reeperbahn geholt. Zuvor hatten die Feiernden noch versucht, die Polizei zu täuschen. Ansonsten war es, wie Polizeisprecherin Nina Kaluza sagt, „eher ruhig“ am Sonnabendabend. Auf dem Kiez und in der Schanze wurde sich an die Auflage gehalten, die vorsah, dass alle Kneipen, Bars und Restaurants um 23 Uhr schließen mussten.

Eineinhalb Stunden nach Inkrafttreten der Sperrstunde war einer Peterwagenbesatzung auf einer Streifenfahrt eine Personengruppe aufgefallen, die sich auf der Reeperbahn in Höhe vom „Club 25“ aufhielt. „Es sah so aus, als ob die Leute irgendwo rein wollten“, berichtet eine Beamtin. Die Beamten hielten an und überprüften den Club. „Sie wurden sogar bereitwillig durch die Räume im Erdgeschoss geführt, die alle leer waren“, so die Polizistin. Fast wären die Beamten auf die Irreführung hereingefallen, da fiel ihnen eine Garderobe auf. „Dort hingen viele Jacken und Taschen.“

Party an der Reeperbahn: Viele Gäste versuchten zu fliehen

Im Keller stießen sie auf verschlossene Türen, hinter denen Geräusche zu hören waren. Nachdem der Zugang aufgeschlossen war, sahen sie sich etwa 90 Gästen einer Party gegenüber. „Viele versuchten, noch zu fliehen, und liefen eine Treppe hinauf“, so die Beamtin. „Damit ihnen die Kollegen nicht folgen konnten, versuchten sie, den Weg zu blockieren.“

Mit Verstärkung gelang es, vermutlich die meisten Besucher der Party zu stellen. Später stellte sich heraus, dass der Veranstalter, der Afro-Event-Partys organisiert, den Club offenbar als Ausweichfläche für eine Veranstaltungsfläche an der Schnackenburgsallee angemietet und für die Party im Internet geworben hatte. Die Polizei stellte viele Verstöße fest. Unter anderem gab es keine Kontaktdatenliste. „Alle festgestellten Teilnehmer bekamen eine Ordnungswidrigkeitsanzeige“, sagt Kaluza. Auch der Veranstalter kann sich auf ein Bußgeld gefasst machen.

Tote Hose im Schanzenviertel: Schon vor der Sperrstunde war es auf dem Schulterblatt.
Tote Hose im Schanzenviertel: Schon vor der Sperrstunde war es auf dem Schulterblatt. © André Zand-Vakili

Ansonsten stellte die Polizei nur kleinere Verstöße fest. „Auf St. Pauli und in der Schanze gab es schon vor der Sperrstunde deutlich weniger Besucher als sonst“, sagt Kaluza. Auf der Piazza im Schanzenviertel hatten gegen 21 Uhr bereits mehrere Lokale geschlossen.

Polizei war im Schanzenviertel wenig präsent

Nur die typischen Szene-Lokale wie die „Katze“ hatten einigen Zulauf. Dort bildeten sich auch kleine Gruppen vor der Tür. Ähnlich sah es vor der Bar „Goldfischglas“ in der Bartelsstraße aus. Vor beiden Szenetreffpunkten standen „Türsteher“, die den Einlass reglementierten und die Gäste Kontaktlisten ausfüllen ließen.

In den geöffneten Restaurants herrschte dagegen mäßiger Betrieb. Das gefiel nicht jedem: „Übel“, sagt Torsten Rolfs, der mit drei Freunden unterwegs war. „Hier ist kaum was los. Es macht keinen Spaß. Wir gehen noch etwas essen und fahren dann nach Hause.“

Die Polizei war im Schanzenviertel wenig präsent. Nur hin und wieder fuhr ein Peterwagen durch das Ausgehviertel. An der Piazza stiegen die Beamten aus und wiesen Besucher, die auf das selbst gebastelt wirkende Hinweisschild an einem Pfahl nicht geachtet hatten, darauf hin, dass in diesem Abschnitt des Schanzenviertels eine Maske getragen werden muss. „In allen Fällen waren die Angesprochenen einsichtig“, sagt Kaluza. Viele hatten die Schilder offenbar übersehen. Es blieb es bei Ermahnungen.

Deutlich stärker war die Polizei auf dem Kiez präsent. Der Hans-Albers-Platz und die Große Freiheit standen unter Dauerbeobachtung. Regelmäßig gingen Patrouillen durch die Partymeile. Grotesk: Wer rauchen wollte, konnte das ohne Maske machen und musste sich nur an den Straßenrand stellen.

Nur die Prostituierten boten weiterhin ihre Dienste an

Auch auf dem Kiez war die Stimmung allerdings schlecht. „Diese Verordnung hat viele Unstimmigkeiten“, sagt ein Gastronom, der seinen Namen nicht gedruckt sehen wollte. „An uns wird jetzt ein Exempel statuiert, damit die Politik sagen kann, dass sie etwas getan hat.“

Die Polizei war vor allem auf dem Kiez stark präsent, um die Sperrstunde durchzusetzen.
Die Polizei war vor allem auf dem Kiez stark präsent, um die Sperrstunde durchzusetzen. © Michael Rauhe / FUNKE Foto Services | Michael Rauhe

Tatsächlich war um 23 Uhr Schluss. Die Musik verstummte, kurz darauf begann das Personal, die Stühle hochzustellen. Die Gäste zogen in Gruppen aus der Großen Freiheit ab. „Es ging sehr zügig. Wir verzeichneten zeitnah große Abwanderungen“, so Kaluza. Die niedrigen Temperaturen von etwa sieben Grad begünstigten die Durchsetzung der Sperrstunde. Die Bilanz der Nacht: Die Polizei leitete fast 150 Ordnungswidrigkeitsverfahren ein. Mehr als 300 Örtlichkeiten wurden kontrolliert. Vier Betriebe mussten geschlossen werden – darunter ein Gastronomiebetrieb in Ottensen. Auch eine Feier in einem Kleingartenverein in Bergedorf wurde abgebrochen.

Ganz „tot“ war der Kiez nach der Sperrstunde nicht. An Würstchenbuden wurden weiter Bratwürste gegrillt. Nachtschwärmer bekamen sie in Alufolie als Außerhausverkauf verpackt. Die Folie landete wenige Meter weiter im Mülleimer. Am Hans-Albers-Platz und an der Davidstraße standen noch Prostituierte und sprachen potenzielle Freier an.