Drama um Schüler aus dem Landkreis Harburg. Täter forderten immer höhere Summen. Nach zwei Jahren flogen sie auf

Hamburg. Immer und immer wieder wollten sie Geld von ihm: Zwei Jahre lang ist ein Schüler aus dem Landkreis Harburg von einer Bande junger Männer bedroht und erpresst worden. In dieser Zeit zahlte der Jugendliche mehr als 100.000 Euro an seine Peiniger. Erst in diesem Sommer offenbarte er sich der Polizei. Die Beamten konnten die vier Haupttäter inzwischen ermitteln – der 24 Jahre alte mutmaßliche Boss der Bande sitzt in Untersuchungshaft.

Das Martyrium des Schülers hatte im Jahr 2012 begonnen – er war damals erst 16 Jahre alt. Offenbar wussten die Täter, dass er aus gut situierten Verhältnissen stammte. Sein Vater war selbstständiger Kaufmann. Womit die Bande dem Jungen drohte und wie er an das Geld kam, wollte die Polizei mit Rücksicht auf das jugendliche Alter des Opfers und die laufenden Ermittlungen nicht mitteilen. Fest steht aber, dass er der Erpressung nachgab und zahlte. Dies war für die Täter Ansporn, immer weiterzugehen und immer höhere Summen zu fordern.

Schließlich kam es zum Wendepunkt: Dem Jugendlichen ging das Geld aus, zudem starb seine Mutter. In großer Angst vor der Bande beschloss er unterzutauchen. Weil er selber völlig mittellos war, hielt er sich mit Betrügereien über Wasser. Insgesamt soll der Schüler, der bis dahin unbescholten war, rund 800 Straftaten begangen haben – mal übernachtete er in Hotels und verschwand, ohne zu zahlen, mal fuhr er schwarz mit Bussen und Bahnen. Außerdem soll er in betrügerischer Absicht Konten eröffnet haben, um so an Bargeld zu gelangen. Insgesamt entstand auf diese Weise angeblich ein Schaden von 40.000 Euro.

Im Juli 2014 stellte er sich der Polizei. „Er wusste nicht mehr weiter“, sagt ein Beamter. Bekannte berichten, dass inzwischen auch sein Vater gestorben war. Die Kripo konnte binnen kurzer Zeit nicht nur die vier mutmaßlichen Erpresser ermitteln. Sie identifizierte auch fünf weitere junge Bandenmitglieder, die an anderen Straftaten beteiligt waren – darunter zahlreiche Einbrüche, teilweise in Feuerwehrhäuser. Auch vier Zigarettenautomaten sollen die Täter gesprengt haben. Bei sieben Razzien stellte die Polizei in Hollenstedt, Jesteburg und Buchholz Beute aus verschiedenen Straftaten sicher.