Entsetzen im Hauptbahnhof. Hinweis nach „XY...ungelöst“ führte auf die Spur der Mutter

Hamburg. Sie lagen hinter der Tür mit der Nummer 1344: In einem Schließfach im Hauptbahnhof sind am Donnerstagvormittag zwei in einem Koffer liegende Babyleichen entdeckt worden. Ersten Ermittlungen zufolge sollen die Neugeborenen von ihrer Mutter, einer 39-Jährigen aus Bad Schwartau (Ostholstein), in dem Fach abgelegt worden sein. Gegen die Frau, die in die Psychiatrie gebracht wurde, wird wegen Totschlags ermittelt.

Leichenspürhunde hatten um kurz nach 10 Uhr vor dem Schließfach angeschlagen. Als die Beamten die Stahltür öffneten, schlug ihnen Verwesungsgeruch entgegen. Der Koffer enthielt eine blaue Mülltüte, darin lagen die mit Stoff umhüllten Kleinkinder-Leichen. Der Koffer wurde in die Rechtsmedizin Lübeck gebracht, wo die Körper am Nachmittag untersucht wurden.

Die Staatsanwaltschaft Lübeck führt die Ermittlungen in dem Fall. Wie deren Sprecher Ralf-Peter Anders mitteilte, wurden die beiden Säuglinge zu unterschiedlichen Zeiten geboren. Beide Körper sind bereits stark verwest, weshalb nur bei einem das Geschlecht festgestellt werden konnte: Es handelt sich um einen Jungen.

Auf die Spur der Leichen waren die Lübecker Beamten zufällig nach einem Aufruf in der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY … ungelöst“ am vergangenen Mittwoch gestoßen. Darin wurde von einem toten Kleinkind berichtet, das auf dem Rastplatz Bakumer Wiesen West an der A 1 bei Cloppenburg gefunden worden war. Zuschauer wurden um Hinweise auf die Mutter gebeten.

Daraufhin meldete sich eine Zeugin aus Lübeck bei der Polizei, die die 39-Jährige aus Bad Schwartau anzeigte. Diese soll im August hochschwanger gewesen sein. Dann jedoch soll der Bauch verschwunden gewesen sein, ohne dass Bekannte oder Nachbarn von einem Baby Kenntnis hatten. Ralf-Peter Anders sagte, man habe zwar schnell festgestellt, dass die Frau mit dem Fall an der Autobahn 1 nichts zu tun hatte. Dennoch habe man den Hinweis ernst genommen, weil die 39-Jährige bereits 2011 ein totes Baby ausgesetzt hatte. Die Leiche war damals auf dem Bad Schwartauer Friedhof gefunden worden. Allerdings konnte nicht geklärt werden, ob das Kind bei der Geburt gelebt hatte. Die Ermittlungen wurden eingestellt.

Anfang der Woche sprachen Beamte die Frau erstmals an und vereinbarten mit ihr eine gynäkologische Untersuchung. Kurz danach verschwand die 39-Jährige. Sofort wurde eine Fahndung eingeleitet. Nach Abendblatt-Informationen konnte sie am Mittwoch in Hamburg ausfindig gemacht und auf der Mönckebergstraße festgenommen werden. Bei ihr fand man einen Schlüssel zu dem Schließfach im Hauptbahnhof. Ob sie die Babyleichen zuvor mit sich herumgeführt hatte, ist unklar. Sprecher Anders: „Wir wissen nicht, wo sie die Kinder zur Welt brachte.“

Auch die Umstände des Todes der Kinder sind unklar. Laut Staatsanwaltschaft konnten die Rechtsmediziner wegen des starken Verwesungsgrades nicht feststellen, ob die beiden Säuglinge jemals geatmet haben.