Polizei entdeckt Frauenleiche in 70 Meter Tiefe. Ehemann unter Mordverdacht in Haft

Hamburg/Forsand. Der Fall klingt wie ein Krimi aus der Feder des schwedischen Autors Henning Mankell: Eine nach Norwegen ausgewanderte Friseurin aus Hamburg verschwindet spurlos, und plötzlich steht ihr Ehemann unter Mordverdacht. Dann entdeckt die Polizei im eiskalten Wasser eines Fjords einen verdächtigen, in Folie eingepackten Gegenstand.

Ob es sich bei der am Dienstag vom Grund des Lysefjord (bei Dorvika) geborgenen Leiche, wie von der norwegischen Polizei vermutet, um die Leiche der 36 Jahre alten Agnes Elisabeth M. handelt, stand am Abend noch nicht endgültig fest. Wie aus Polizeikreisen verlautet, wurde in 70 Meter Tiefe eine Frauenleiche gefunden. Sie sei am Nachmittag zur weiteren Untersuchung ins Universitätskrankenhaus gebracht worden. Das Ergebnis der Obduktion stand am Abend noch aus.

Die Ermittler vermuten, dass die 36-Jährige umgebracht worden ist – von Thomas M., ihrem Ehemann. Der 34-Jährige wurde bereits in der vergangenen Woche festgenommen und sitzt in U-Haft. Die in Polen geborene Agnes Elisabeth M. zog mit ihrer Familie nach dem Mauerfall erst nach Hannover und als Erwachsene nach Hamburg, wo sie Thomas M. kennenlernte. Vor fünf Jahren wanderte sie mit ihm und den heute sieben und elf Jahre alten Kindern von Hamburg nach Forsand (bei Stavanger) aus. Dort arbeitete sie wie in Hamburg als Friseurin in einem Salon.

Die Spur der 36-Jährigen hatte sich bereits am 16. April verloren. Wie norwegische Medien berichten, hatte ihr Mann gegenüber der Polizei angegeben, sie zu einem Fähranleger gebracht zu haben – doch auf der Fähre hat niemand Agnes Elisabeth M. gesehen. Nachdem sich der Verdacht gegen Thomas M. erhärtete und ein Zeuge aussagte, er habe den Wagen des 34-Jährigen im fraglichen Zeitraum am Lysefjord gesehen, suchte ein Großaufgebot der Polizei das Gebiet mit Tauchern, Helikoptern, Unterwasserkameras und Leichenspürhunden ab. Am Sonntag dann setzten die Ermittler eine Schleppkamera ein – und wurden am Grund des Fjords fündig: 150 Meter vom Ufer und 18 Kilometer vom Wohnort der Familie entfernt, entdeckten sie einen verdächtigen, mit Gewichten beschwerten Gegenstand.

Am Dienstagmittag ließ eine Spezialfirma dann ein ferngesteuertes Unterwasserfahrzeug zu Wasser. Die Experten bargen in 70 Meter Tiefe auch ein Gummiboot. Auf die Spur von Thomas M. brachte die Ermittler vor allem sein seltsames Verhalten nach dem Verschwinden seiner Frau: Erst am Ostersonnabend hatte er sie als vermisst gemeldet, obgleich er sie, wie er später zugab, schon drei Tage zuvor das letzte Mal gesehen haben will.

Der 34-Jährige, der zunächst als Zeuge galt, hat sich laut Polizei in Widersprüche verwickelt. Weitere kriminaltechnische Untersuchungen erhärteten den Verdacht gegen den gebürtigen Brandenburger. Die Ermittler hatten zuletzt kaum noch Hoffnung, die Mutter von zwei Kindern lebend zu finden. „Einen Unfall oder Selbstmord schließen wir aus“, sagte Polizeiinspektorin Kristin Nord-Varhaug, „wir suchen eine Leiche.“

Rätsel gibt den Ermittlern zudem ein Eintrag auf der Facebook-Seite von Thomas M. auf. „Ich liebe dich“, postete Agnes Elisabeth M. am Tag ihres Verschwindens um 22.45 Uhr. Doch stammt die Nachricht wirklich von ihr? Die Ermittler schließen nicht aus, dass Thomas M. das Facebook-Profil seiner Frau gehackt und den Eintrag selbst verfasst hat. Laut der Zeitung „Stavanger Aftenblad“ soll es zwischen den Eheleuten gekriselt haben. Angeblich wollte sich Agnes Elisabeth M. scheiden lassen und wieder nach Hamburg ziehen. Ein Makler soll sich bereits das Haus angesehen haben.

Der 34-Jährige streitet ab, etwas mit dem Verschwinden seiner Frau zu tun zu haben. Als er am Dienstagabend mit dem Tod seiner Frau konfrontiert wurde, musste die Vernehmung nach wenigen Minuten abgebrochen werden.

Die Polizei hat den Müll, den Computer, die Handys und das Auto der Familie beschlagnahmt. Zudem wollen die Ermittler die Funkdaten der GPS-Masten auswerten, um zu rekonstruieren, wo sich die 36-Jährige zuletzt aufgehalten hat. Sollte es zur Anklage kommen, könnte der Fall sogar vor einem Hamburger Gericht verhandelt werden. „Der frühere Hamburger Wohnort der 36-Jährigen könnte eine Zuständigkeit begründen“, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Nana Frombach. Die Staatsanwaltschaft werde dann auch eine Auslieferung prüfen müssen.