Autonome rufen zu illegalen Protesten auf. Polizisten mit Steinen beworfen. Erster Afrikaner zur Ausreise aufgefordert

Hamburg. Der Streit um den Verbleib der 300 sogenannten Lampedusa-Flüchtlinge in Hamburg droht in Gewalt umzuschlagen. Vertreter der autonomen linken Szene kündigten im Internet offen illegale Proteste an. Sie werfen dem Senat „rassistische“ Kontrollen der Schwarzafrikaner vor, weil diese von der Polizei aufgefordert werden, ihre Personalien anzugeben. Für Dienstagabend wurde zu einer „Spontandemonstration“ vor der Roten Flora im Schanzenviertel aufgerufen. Trotz massiver Polizeipräsenz kam es dabei zu Ausschreitungen: Aus den Reihen der etwa 1000 Demonstranten flogen Steine, Flaschen und Feuerwerkskörper, ein Polizist wurde verletzt. Am späten Abend beruhigte sich die Lage zunächst wieder.

Auf einer Internetseite, die den Aktivisten der Roten Flora zugeordnet wird, heißt es: „Wir beschränken uns nicht mehr auf legale Protestformen, wenn tagtäglich Menschen im Mittelmeer ertrinken und dies alles vom Hamburger Senat trotz internationaler Kritik lediglich zum Anlass genommen wird, den Druck auf die Flüchtlinge zu erhöhen.“ Mit Verweis auf eine Weisung für 19 Flüchtlinge, sich heute bei der Ausländerbehörde zu melden, stellten die „Aktivist_innen für Bleiberecht statt Repression“ dem Senat ein eigenes „Ultimatum“. Er habe „bis Dienstagabend um 20 Uhr die rassistischen Kontrollen einzustellen“. Die Gewalt des Senats könne nur mit derselben Entschlossenheit beantwortet werden, heißt es. „Sollte es keine politische Lösung geben, soll diese Stadt und der Senat keinen ruhigen Tag mehr erleben.“

Die Polizei nahm den Aufruf sehr ernst. „Wir sind auf alles vorbereitet“, sagte Sprecher Mirko Streiber. Um die Rote Flora am Schulterblatt wurden am Abend acht Hundertschaften zusammengezogen, darunter drei Einheiten aus benachbarten Bundesländern. Zuvor hatten die Beamten wieder gezielt illegal in Hamburg lebende Lampedusa-Flüchtlinge überprüft und mindestens acht in Gewahrsam genommen. Die Kontrollen konzentrierten sich auf die Umgebung der St.-Pauli-Kirche sowie auf das Gelände des Sozialprojekts B20 in St. Georg. Dort sollen Flüchtlinge in Zelten auf einem Gebäudedach kampiert haben. Unterdessen gab es bereits eine erste Ausreiseverfügung: Einer der Männer, die mit einem Boot aus Libyen nach Lampedusa kamen, wurde aufgefordert, Deutschland in Richtung Italien zu verlassen.

An der Position des Senats habe sich nichts geändert, sagte Senatssprecher Christoph Holstein. „Für alle Menschen, die als Flüchtlinge kommen, gilt, dass sie ihre Identität preisgeben und ihre Fluchtgeschichte erzählen. Dann können wir möglicherweise etwas für sie tun.“ Eine Pauschalregelung könne es nicht geben. „Wir haben den Eindruck, dass der Senat es bewusst auf Eskalation anlegt“, sagte dagegen der stellvertretende Bischof Karl-Heinrich Melzer. Er forderte weitere Gespräche.