Ein Angeklagter hatte die Beute schon verplant - er wollte einen Mercedes kaufen

Neustadt. Das Geld aus der Erpressung war schon akribisch verplant. Das Traumauto ausgesucht, die Gläubiger in Gedanken ausbezahlt, der Lohn an den Chauffeur für die Fahrt zur Geldübergabe einkalkuliert. Jetzt musste es nur noch klappen. Doch der Mann, der aus einem Verbrechen an dem Restaurantbesitzer Franco Cuneo und dessen Familie eine beträchtliche Summe erhoffte, hatte sich zu früh gefreut: Er wurde gemeinsam mit einem mutmaßlichen Mittäter gefasst. Gestern, am zweiten Prozesstag gegen zwei Männer, die sich wegen Erpressung vor dem Landgericht verantworten müssen, ging es um die Leiden der Opfer und die Vorgehensweise der Täter. Teilweise professionell und äußerst rabiat, aber dann auch verblüffend sorglos und naiv - die Angeklagten haben laut Ermittlungen eine wahre Fülle von Spuren hinterlassen.

Tagelang war Franco Cuneo, Inhaber des Promi-Italieners auf dem Kiez, ausgespäht worden, bevor die Täter zuschlugen. In der Nacht zum 29. März dieses Jahres wurde der 69-Jährige schließlich von zwei Männern vor seinem Wohnhaus überfallen, in das Gebäude gedrängt und gemeinsam mit seiner Frau gefesselt, zudem misshandelt und bedroht. Die Täter erbeuteten dabei etwas Bargeld sowie Schmuck und forderten weiteres Geld. 22 500 Euro sollten die Opfer zahlen, sonst würde die Familie "nicht mehr in Sicherheit leben" können, hieß es später in einem Erpresserbrief, für den laut Anklage Berkant D. verantwortlich ist. Neben dem 23-Jährigen ist auch Mohammad N. (25) angeklagt, der bei der schweren räuberischen Erpressung Beihilfe geleistet haben soll.

Eine Woche nach dem brutalen Überfall auf ihre Eltern erschien die Tochter des Ehepaars bei der Polizei und berichtete von der Tat und einem Erpresserbrief, den sie im Briefkasten ihrer Eltern gefunden hatte. Die Polizei habe mit der 31-Jährigen vereinbart, dass sie mit den Tätern "eine fingierte Geldübergabe verabredet", sagte gestern im Prozess ein Ermittler als Zeuge. Auch mit Franco Cuneo, der mittlerweile gemeinsam mit seiner Frau in Urlaub war, habe die Polizei Kontakt aufgenommen. "Er war von der Tat schwer gezeichnet."

Weil die Verbrecher bei dem Überfall auf den Gastronomen maskiert waren, habe er keine Täterbeschreibung abgeben können. Doch eine Auswertung unter anderem eines Handys, das bei der Festnahme der mutmaßlichen Erpresser sichergestellt wurde, habe ergeben, dass es mehrfach stundenlang in der Nähe des Hauses der Opfer eingeloggt war. Ein auf dem Mobiltelefon von Mohammad N. gespeichertes Foto habe einen mit einer Sturmmaske vermummten Mann gezeigt, bei dem es sich vermutlich um Berkant D. handele. Der Hauptangeklagte habe zudem bei seiner Festnahme einen Zettel bei sich in der Hosentasche getragen, so der Ermittler weiter, auf dem eine detaillierte Liste von Euro-Beträgen aufgeführt war. Unter anderem 8500 Euro für einen Mercedes waren dort aufgelistet. Auf dieses Fahrzeug hatte der Benutzer des Handys schon lange ein Auge geworfen, wie sich aus etlichen Mitteilungen in dem Mobiltelefon ergibt. Exakt eine halbe Stunde nach der geplanten Geldübergabe hatte Berkant D. sich demnach mit dem Besitzer des Wagens zum Kauf treffen wollen. "Du bist echt ein Schnacker", schrieb der Autobesitzer zuletzt. "Such dir ein anderes Auto!" Die Nachricht erreichte Berkant D. schon nicht mehr. Denn da war er bereits festgenommen. Der Prozess wird fortgesetzt.