Kirsten M. ist überzeugt, dass ihr Gebräu Multiple Sklerose heilen kann. Sie bot es auf dem Isemarkt an. Gericht verhängt 320 Euro Strafe.

Neustadt. Das Skurrile an diesem Prozess ist der unerschütterliche Glaube der Angeklagten an die Wirksamkeit ihrer Tinktur, die sie zu Hause illegal zusammengemischt und über mehrere Monate auf dem Isemarkt unter dem Namen "Stoffwechselwasser" verkauft hat. Nach wie vor ist die gelernte Krankenschwester überzeugt, dass ihr Mittel - ein Gebräu aus Wasser, Zucker und homöopathischen Arzneimitteln - die schlimmsten Krankheiten heilen kann.

Nicht der Hauch eines Zweifels schwingt in ihrer Stimme mit. Eher Unverständnis darüber, dass sich jetzt das Amtsgericht damit befasst. Zumal sie in der Lage sei, unheilbare Krankheiten zu besiegen, sagt Kirsten M., 51. Die Schulmedizin sei im Angesicht der "drohenden Apokalypse" praktisch machtlos: Multiresistente Keime seien auf dem Vormarsch, das Grundwasser sei verseucht. Ihr Mittel hingegen sei "die Zukunft", sagt sie. "Es wird nichts Effektiveres geben als das, was ich erschaffen habe."

Zehn Jahre habe sie nach einem Mittel gegen Multiple Sklerose geforscht. Und es, Heureka, entdeckt. "Jetzt bin ich weltweit die Einzige, die bei der Behandlung von Multipler Sklerose erfolgreich ist", sagt sie. Sie meint jedes Wort ernst.

Eine Freundin habe ihr geraten, sie solle ihr "Stoffwechselwasser" doch mal auf dem Markt verkaufen. Weil viele ihrer "Patienten" nur über eingeschränkte Finanzmittel verfügten, habe sie die mit 100 Milliliter Flüssigkeit befüllten Fläschchen für nur 5 Euro angeboten - reich sei sie damit nicht geworden. Rasch habe sich aber auf dem Isemarkt herumgesprochen, wie wirksam ihr "Stoffwechselwasser" auch gegen Arthrose, Schlaganfall und Bluthochdruck sei. Einmal seien "15 Heilpraktiker und Ärzte" an ihrem Stand aufgekreuzt - wohl um ihr die Rezeptur abzuluchsen, wie sie vermutet. Schlimmer noch: Zwölf Flaschen seien ihr gestohlen worden und dann vermutlich in Italien für 200 Euro pro Stück als "Wunderwasser" angeboten worden.

Das deutsche Arzneimittelgesetz ist letztlich auch ein Bollwerk gegen Scharlatane. Es soll sicherstellen, dass Verzweifelten nicht irgendwelche "Wundermittel" angedreht werden, die im schlimmsten Fall schädlich sind. Und dass Menschen wie Kirsten M., die vielleicht eine Mission, aber keine Qualifikation haben, nicht einfach Arzneimittel herstellen dürfen - schon gar nicht ohne Angabe der Inhaltsstoffe. Seit ihr die Gesundheitsbehörde unter Androhung von Zwangsgeld Herstellung und Verkauf verboten habe, habe sie ihr "Stoffwechselwasser" aber nicht mehr angeboten, sagt sie. Sie habe zudem nicht geahnt, dass ihr Mittel unter das Arzneimittelgesetz falle. Das kauft ihr die Staatsanwältin mit Blick auf ihren früheren Beruf zwar nicht ab, sie fordert trotzdem nur eine milde Strafe, zumal die Mittel "im besten Fall nützlich und im schlechtesten Fall unschädlich waren". Die Richterin schließt sich dem Antrag an und verurteilt Kirsten M. zu einer Geldstrafe von 320 Euro. Die ist sich weiter keiner Schuld bewusst: "Ich wollte doch bloß andere Wege beschreiten."