Zwei Angeklagte sollen einen Theologen völlig grundlos geschlagen haben. Opfer sagt: “Ich nutze Züge nur noch, wenn es gar nicht anders geht“.

Hamburg. Nicht einmal ist er seit der brutalen Attacke wieder am S-Bahnhof Berliner Tor ausgestiegen. Überhaupt meidet der angehende Pastor S- und U-Bahnen - seit ihn dort zwei junge betrunkene Männer im Oktober 2011 offenbar völlig grundlos krankenhausreif geprügelt haben. "Ich nutze Züge nur noch, wenn es gar nicht anders geht", sagt Christian G., 29. Seine beiden mutmaßlichen Peiniger, Mike R., 23, und Jacek L., 24, - bullige Statur, leicht untersetzt - müssen sich seit gestern wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Amtsgericht St. Georg verantworten. Sie haben sich zwar schriftlich bei ihrem schwer verletzten Opfer entschuldigt und ihm zusammen rund 1500 Euro Schmerzensgeld gezahlt. Ihre persönliche Entschuldigung vor Gericht quittiert Christian G. indes mit einem knappen Nicken. "Die Briefe zeigen mir nur, dass die beiden meine Adresse haben", konstatiert er.

Täter und Opfer begegneten sich am 23. Oktober in den frühen Morgenstunden auf einem Bahnsteig am Berliner Tor. Christian G. wollte sich über die Abfahrtszeiten der S-Bahn informieren, doch Mike R. und Jacek L. pöbelten offenbar gleich drauflos. Nach Aussage einer Zeugin fielen Worte wie "Du Lauch" - die ungelenke Ausdrucksweise der Angeklagten, so die Zeugin, habe sie an "einen Kindergarten" erinnert. Als "explosiv" empfand indes Christian G. die Situation. Er stand bereits auf der Rolltreppe, einige Meter von den Angeklagten entfernt, als sie zweimal kurz hintereinander per Nothalt die Treppe stoppten. Damals habe er ihnen lediglich zugerufen, dass sie sich so strafbar machen würden. Er sei dann gemessenen Schrittes zum Bahnhofskiosk gelaufen. "Es standen einige Menschen dort herum. Ich fühlte mich bereits sicherer, da trat mir jemand von hinten in den Rücken." Noch am Boden liegend hätten die Angeklagten auf ihn eingetreten. Christian G. trug unter anderem einen Schlüsselbeinbruch davon, war fünf Wochen krankgeschrieben.

Mike R. und Jacek L. waren in der Nacht mit einem Freund auf dem Weg zum Kiez, nach eigenen Angaben hatten sie rund einen Liter Whiskey getrunken. Jedoch hätten nicht sie Christian G. provoziert - es sei genau umgekehrt gewesen.

"Gib mir eine Zigarette, sonst haue ich dir in die Fresse", habe er ihnen gedroht. Und durchblicken lassen, dass er zehn Jahre geboxt habe. Für sie habe sich das "bedrohlich" angehört. Von der Rolltreppe aus habe ihnen der Mann noch etwas zugebrüllt. "Da bekam ich einen Kurzschluss", sagt Mike R. Was dann passierte, erinnere er nicht mehr. Viel mehr ist auch bei Jacek L. nicht haften geblieben. "Er torkelte auf mich zu, da schlug ich ihm ins Gesicht", sagt er. Sie hätten ihn jedoch nicht getreten, als er am Boden lag.

Ganz anders die Schilderung von Christian G. Er habe nie geraucht und auch nicht zehn Jahre lang geboxt - er sei vom zehnten Lebensjahr an gerade mal drei Jahre aktiv gewesen. "Ich habe ihnen nur gesagt, dass sie boxen sollten, wenn sie ihre überschüssige Energie loswerden wollen. Mehr nicht." Der Prozess wird fortgesetzt.