Jugendliche schlagen Bäckermeister auf Bahnsteig zusammen, brechen ihm den Kiefer. Öffentlichkeitsfahndung war jetzt erfolgreich.

Hamburg. Drei Monate nach einer folgenschweren Prügelattacke im Bahnhof Wandsbek Markt sind die beiden mutmaßlichen Täter identifiziert. Einer von ihnen hat sich bereits freiwillig bei der Polizei gestellt. Die Polizei hatte am Montag Fotos der Verdächtigen veröffentlicht. Darauf war zu sehen, wie sie lachend vom Tatort flüchteten. Kurz zuvor hatten sie - nach bisherigem Stand der Ermittlungen - einem 26 Jahre alten Bäckermeister, der mit seiner Freundin auf einen Zug wartete, mit Tritten und Schlägen zweimal den Kiefer gebrochen.

Es war eine Tat ohne Grund, ohne Anlass: Kamyar M., 16, und Daniel K.,17, sollen den 26-Jährigen am frühen Morgen des 6. Mai zunächst verbal provoziert und, als dieser nicht reagierte, mit Schlägen und Tritten zu Boden gebracht haben. Drei Monate lang fahndete die Polizei intern nach den Tätern. Die Beamten verglichen die Videobilder mit Personen, die ihnen als Schläger bekannt sind, suchten einige von ihnen auf, um sie nach ihrem Alibi zu fragen.

Auch verteilten sie die Bilder an alle Wachen. Doch kein Beamter, auch nicht die Spezialisten für Jugendkriminalität, konnte die Verdächtigen sicher identifizieren. Eine Öffentlichkeitsfahndung brachte nun die schnelle Wende. Am Montag tauchten die Bilder der Verdächtigen in den Hamburger Medien auf - und am Dienstagmorgen erschien Kamyar M., der in Moorfleet wohnt, auf dem Polizeikommissariat 43 am Ludwig-Rosenberg-Ring in Lohbrügge.

Der 16-Jährige räumte die Tat ein, legte unter dem Eindruck der veröffentlichten Bilder ein Geständnis ab. Zuvor hatten bereits Personen aus dem Umfeld des Jugendlichen bei den Ermittlern angerufen. Sie glaubten, ihn auf den Fotos zu erkennen. Auch der Komplize des 16-Jährigen, Daniel K. aus Barmbek, war kurz darauf ermittelt. Da der 17-Jährige sich derzeit im Ausland aufhält, haben die Ermittler ihn noch nicht vernommen. Er hat eine Vorladung ins Präsidium erhalten.

Den Grund dafür, dass die Bilder nicht früher veröffentlicht wurden, erklärt Polizeisprecherin Sandra Levgrün: "Die öffentliche Fahndung ist, auch wegen der Persönlichkeitsrechte, immer die Ultima Ratio. Ob einer solchen Maßnahme stattgegeben wird, hängt von der Schwere der Tat ab - und davon, ob die Polizei zuvor alle anderen Ermittlungsansätze abgearbeitet hat." Was in diesem Fall zutraf.

Das 26 Jahre alte Opfer sagte der "Bild"-Zeitung: "Ein einfacher Blick von mir reichte, und schon pöbelten sie rum. Einer beschimpfte mich als Nazi." Er sei fünf Tage lang im Krankenhaus gewesen und habe acht Wochen lang keine feste Nahrung zu sich nehmen können, so der 26-Jährige.

Laut Polizeisprecherin Ulrike Sweden sind die jetzt identifizierten Jugendlichen bislang nicht einschlägig polizeibekannt.

In der Vergangenheit waren mehrfach Unschuldige Opfer von Angriffen auf Bahnanlagen geworden: Im Mai 2010 erstach der damals 16-jährige Elias A. den drei Jahre älteren Mel D. am Jungfernstieg, ein Jahr zuvor prügelten zwei Jugendliche einen Dachdecker am Bahnhof Harburg tot, nachdem der sich geweigert hatte, ihnen 20 Cent auszuhändigen.