33-Jähriger steht vor Gericht, weil er seinen Stiefsohn geschlagen haben soll. Angeklagter will das Kind “unabsichtlich“ fallen gelassen haben.

Hamburg. Keiner Schuld ist sich der Angeklagte mit der eckigen Brille und der dunklen Vokuhila-Mähne bewusst. Er spricht von einem Unfall, davon, wie er, aus dem nächtlichen Alkoholrausch mit Kopfschmerzen erwacht, den gerade mal 22 Monate alten Sohn seiner Freundin lediglich geschubst haben will, weil der Kleine nicht aufhören wollte zu weinen. Und wie er danach mit dem Jungen auf dem Arm stolperte - und ihn "unabsichtlich" fallen ließ.

Gegen diese Version sprechen indes die schweren Verletzungen, die Richard S., 33, dem Kleinkind zugefügt haben soll, mutmaßlich hat er Luca mehrfach kräftig ins Gesicht geschlagen: die Lippe geschwollen, mit blutenden Wunden an Ohr und Stirn, wurde der Junge mit dem Rettungswagen in die Klinik gebracht. Die Ärzte stellten zudem eine Hirnprellung fest, die operativ behandelt werden musste. Um allein solche Unterblutungen am Kopf zu verursachen, sei eine "massive stumpfe Gewaltanwendung" notwendig, sagte eine Rechtsmedizinerin gestern vor dem Amtsgericht aus. "Durch Schubsen entstehen sie jedenfalls nicht."

Zu Luca habe er immer ein gutes Verhältnis gehabt, sagte der Angeklagte, der sich seit gestern wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten muss. Wenn er ihn morgens in die Kita brachte, habe der Junge beim Abschied stets ein Küsschen eingefordert. Häufig habe er auf ihn aufgepasst, so auch am 18. März, als Lucas Mutter - seine damalige Freundin - ihren Geburtstag feiern wollte. Der Kleine schlief, als der Angeklagte am Computer mit einer Bekannten aus Peru chattete, dabei Bier und Schnaps konsumierte. Er habe sich dann schlafen gelegt und sei gegen 6 Uhr morgens aufgewacht. "Das Kind stand im Bett und weinte. Ich wollte es beruhigen, doch es weinte, weinte, weinte. Da habe ich es geschubst." Dann habe er den Jungen auf den Arm genommen, um ihn ins große Bett im Schlafzimmer zu tragen, sei aber mit dem Kleinen gestürzt. Ob die Verletzungen daher rührten, könne er nicht sagen, er habe sie ja nicht einmal registriert. Richard S. sprach von einem "Unglück, das nicht nur mich, sondern uns alle getroffen hat". Es sei wohl auf seinen starken Alkoholkonsum zurückzuführen. Später wurde ein Blutalkoholwert von 2,2 Promille festgestellt.

Die Verletzungen waren indes kaum zu übersehen, wie Fotos belegen. Die Vorsitzende Richterin zeigte erschütternde Bilder des verletzten Kindes. Zudem, so eine als Zeugin geladene Ermittlerin, fanden sich am Tatort viele Blutspuren des Jungen, unter anderem auf dem Kopfkissen, seinem Bettchen und Papiertüchern. Richard S. behauptete gestern jedoch: Er habe gar nicht bemerkt, dass Luca blutete.

Die Mutter, die wenig später von der Party zurückgekehrt war, war schockiert von den schweren Verletzungen ihres Sohnes, sie verständigte sofort die Ambulanz. Auf ihre Vorwürfe entgegnete der Angeklagte nach eigenen Angaben: "Ich habe doch nichts Schlechtes getan." Der Prozess wird fortgesetzt.