Prozess gegen drei Männer, die einen 43-Jährigen schwer verletzt haben sollen. Zeuge: “Ein Kopftritt erinnerte mich an einen Freistoß“.

Hamburg. Ein Koffer mit einem Defibrillator wird in den Gerichtssaal gerollt, Artur G. folgt unsicheren Schrittes - eine reine Vorsichtsmaßnahme des Arztes, der ihn gerade im Zeugenzimmer untersucht hat. Artur G. ist herzkrank und dieser Prozess Gift für seine Psyche. Fast ein Jahr ist es her, dass der 43-Jährige auf dem Bahnsteig am S-Bahnhof Veddel Opfer einer brutalen Prügelattacke wurde - offenbar weil er Zivilcourage gezeigt hatte. Die mutmaßlichen Täter müssen sich seit gestern vor dem Harburger Amtsrichter wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten. Ibrahim O., 25, und Hüseyin O., 25, schweigen zu den Vorwürfen, Amir B., 23, bestreitet die Tat.

Immer wieder wird Artur G. während seiner Aussage von Weinkrämpfen geschüttelt. Seine Freundin und er seien am Neujahrsmorgen mit der S 3 nach Hause gefahren, die Angeklagten an den Landungsbrücken zugestiegen.

Offenbar wurden die drei Männer arabischer Abstammung gleich von einem älteren Mann mit rassistischen Parolen bepöbelt. "Er sagte, dass sie hier in Deutschland nichts zu suchen hätten", sagt Artur G. Auch ihn als polnischen Staatsbürger hätten die Äußerungen gekränkt. "Die jungen Männer wurden aber immer lauter und beleidigender." Da habe er versucht zu schlichten. "Ich sagte, sie sollten den betrunkenen Mann in Ruhe lassen - aus Respekt vor seinem Alter." Nachdem er die S-Bahn verließ, habe er einen von ihnen mit den Worten "Hat es euch Spaß gemacht, den alten Mann zu erniedrigen?" zur Rede gestellt. Darauf sei er gleich mit einem wuchtigen Tritt in die Kniekehle von den Beinen geholt worden.

Laut Anklage sollen die Angeklagten gemeinschaftlich gegen Körper und Kopf ihres am Boden liegenden Opfers getreten haben. "Der Kopftritt erinnerte mich an einen Freistoß", sagte ein Augenzeuge aus. Artur G. erlitt eine Schädelprellung, musste elf Tage in der Klinik bleiben, später am Knie operiert werden. Noch immer leidet er unter den psychischen Folgen der Tat.

Es ist eine zähe Beweisaufnahme mit widersprüchlichen Aussagen, die auch daran krankt, dass weder das Opfer noch die Augenzeugen den Angeklagten Tatbeiträge konkret zuordnen können. Eine Entlastungszeugin berichtete, die Angeklagten hätten sich vom Gepöbel des älteren Herrn in der S-Bahn gar nicht provozieren lassen. Der Prozess wird fortgesetzt.