Frau wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Sie habe den Drang, andere Menschen zu verschönern, sagt sie vor Gericht.

Hamburg. Ihre Passion ist zugleich ihre Mission: Schönheit. Als Kosmetikerin und Friseurin achtet Christiane R., 37, penibel auf ein akkurates Äußeres. Die brünetten langen Haare, das dezente Make-up, die manikürten Fingernägel, die getuschten Wimpern - alles perfekt. Ein Mensch sitzt da, strahlend und schön. Sie verspüre einen regelrechten Drang, sagt sie vor dem Landgericht, andere aufzuhübschen.Ihre Freundin Katja B. hätte das zwanghafte Ausmerzen von Makeln beinahe mit dem Leben bezahlt. Die Friseurin ging erst mit einem Brotmesser auf sie los, dann zertrümmerte sie ihren Schädel mit einem Aschenbecher. Vor dem Landgericht muss sich Christiane R. seit gestern wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten.

Am 7. März wollten sie sich wie so oft in der Rissener Wohnung von Christiane R. betrinken. Für die Angeklagte war Katja B. eine "Saufkumpanin" - eine Alkoholikerin wie sie selbst. Noch vor wenigen Wochen habe sie jeden Morgen eine halbe Flasche Wein getrunken, sagt Christiane R. An jenem Tag im März habe sie "vier oder fünf Flaschen Rotwein", dazu einige Fläschchen Wodka geleert. Sie hätten gelacht, getanzt und Stadt, Land, Fluss gespielt. Katja B. malte einen Zaunkönig. "Das ist das Letzte, an das ich mich erinnere", sagt die 44-Jährige vor Gericht aus.

An jenem Abend trug Katja B. die Haare noch lang. "Ich habe ihr immer gesagt: 'Mit ein bisschen Styling können wir mehr aus dir herausholen.' Und dass ihr kurze Haare besser stehen", sagt Christiane R. Als Katja B. mal wieder laut und schrill mit ihrem Aussehen haderte, konnte die betrunkene Friseurin nicht mehr an sich halten und rastete aus. "Ich hatte keine Schere, da habe ich ihr mit einem Brotmesser die Haare geschnitten", sagt sie. Als sich Katja B. wehrte, müsse sie sich wohl am Messer geschnitten haben. Weil ihr Opfer begonnen habe, noch hysterischer zu brüllen, habe sie ihr einen Aschenbecher auf den Kopf geschlagen, "dreimal, mit beiden Händen". Danach sei Katja B. ansprechbar gewesen und sie kurz bei einem Freund, um Hilfe zu holen. Als sie in die Wohnung zurückkehrte, habe sie das ganze Blut erst wahrgenommen, überall war es, an den Wänden und in einer riesigen Lache auf dem Teppich.

Eine Not-OP rettete Katja B.s Leben. Ihr Schädel war mehrfach gebrochen. Auf Rache sinnt sie nicht, sie habe Christiane R. vor dem Prozess sogar eine Postkarte geschickt. "Um ihr Mut zu machen", sagt sie. "Ich verspüre keinen Hass." Der Prozess wird fortgesetzt.