Unbekannte warfen Steine und Farbbeutel auf das Wohnhaus am Kleinen Schäferkamp. Protest gegen Veränderungen in der Schanze?

Hamburg. Ein lautes Klirren reißt Hanne Schöppner gegen Mitternacht aus dem Schlaf. Sie schreckt hoch und denkt zunächst an einen Unfall unten auf der Straße am Kleinen Schäferkamp. Der Freund der 25-Jährigen verlässt die gemeinsame Eigentumswohnung im zweiten Stock des Neubaus, um dem Geräusch auf den Grund zu gehen. Im Hausflur entdeckt er die zerstörten und mit rotbrauner Farbe beschmierten Glasscheiben. "Richtig schlafen konnten wir danach nicht mehr", sagt die junge Frau am nächsten Morgen. "Es ist beunruhigend und erschreckend, den Hass einer kleinen Gruppe abzubekommen."

In der Nacht zum Montag haben unbekannte Täter mit Lackfarbe gefüllte Gurkengläser und Steine gegen die Fassade des Wohnhauses geworfen. Die großen Scheiben im Eingangsbereich zersplitterten, Lackfarbe lief die Scheiben und Hauswand hinunter und spritzte zudem auf zwei parkende Autos. "Zivilfahnder haben um 0.08 Uhr vier Tatverdächtige beobachtet", sagt Polizeisprecherin Ulrike Sweden. Doch den Männern gelang es zu flüchten. Der Staatsschutz ermittelt.

Ein Bekennerschreiben gibt es laut Polizei noch nicht - anders als bei dem Anschlag auf den Neubau an der Ecke Altonaer Straße/Schanzenstraße Mitte Juni, bei dem Scheiben des noch unbewohnten Gebäudes und des Bioladens im Erdgeschoss eingeworfen worden waren. Ob es sich bei dem aktuellen Anschlag ebenfalls um einen gewalttätigen Protest gegen die Gentrifizierung des Schanzenviertels handelt, sei somit noch Spekulation. Auffällig ist jedoch, dass die Täter ausgerechnet eine Woche vor dem Schanzenfest am 20. August, bei dem mit gewalttätigen Ausschreitungen gerechnet wird, das Gebäude mit Steinen und Farbgläsern beschädigten. Zum Schanzenfest sagt Ulrike Sweden: "Die Lagebewertung ist noch nicht abgeschlossen." Deshalb sei auch noch keine Entscheidung über die Einrichtung eines Gefahrengebietes getroffen worden.

Fest steht: Es ist nicht das erste Mal, dass der Neubau mit den Eigentumswohnungen am Kleinen Schäferkamp Ziel eines Anschlags wurde. "Bereits Ende 2010 haben Unbekannte mit Steinen geworfen", sagt Hanne Schöppner, die seit April in dem Haus lebt. Damals hätten es die Täter auch auf die Fenster in den oberen Geschossen abgesehen. "Dass Neubauten in der Schanze bei gewissen Leuten nicht gut ankommen, das hat uns der Makler damals schon prophezeit", sagt die Jurastudentin. Aber Steine gegen ein Wohnhaus zu werfen sei eben etwas anderes, als Graffiti an die Wand zu sprühen. "Bei den Bewohnern sorgt das für Ratlosigkeit und Unverständnis - und ein bisschen Angst, dass es schlimmer werden könnte." Sie schließe nicht aus, dass das Haus erneut angegriffen werden könnte. "Diese sinnlose Gewalt ist unheimlich." Sie wünsche sich, dass die Menschen stattdessen das Gespräch suchten. "Wir wollen hier schließlich nur friedlich leben."