Überwachung war nach Gerichtsentscheidung eingeschränkt. Aufzeichnungen bei Demos möglich

St. Pauli. Ende der ständigen Videoüberwachung auf dem Kiez: Nach mehr als fünf Jahren Dauerbetrieb sind alle zwölf Kameras an der Reeperbahn am frühen Freitagnachmittag abgeschaltet worden. Hintergrund ist eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) vom Juni 2010, mit der die Möglichkeiten der Überwachung deutlich eingeschränkt worden waren. Damit gibt es in Hamburg keinen öffentlichen Platz mehr, der permanent videoüberwacht wird.

An der Reeperbahn waren die 620 000 Euro teuren Kameras seit März 2006 im Einsatz, um der wachsenden Zahl an Straftaten Herr zu werden - verbunden mit hoher Polizeipräsenz und einem Verbot von Waffen und Glasflaschen. Die Polizei erhoffte sich nicht nur Ermittlungserfolge, sondern auch einen starke Abschreckungswirkung. Mit der OVG-Entscheidung jedoch wurden der Überwachung so enge Grenzen gesetzt, dass die Ergebnisse für die Polizei weitgehend nutzlos waren: Das Gericht verfügte unter anderem, dass Hauseingänge und Fensterbereiche nicht mehr aufgenommen werden dürfen. Die Polizei musste die entsprechenden Stellen schwärzen oder pixeln. "Die Kollegen sahen dann in wesentlichen Teilen nur schwarz", sagte Polizeisprecher Ralf Kunz. Seit der Entscheidung seien deutlich weniger Einsätze durch die Videokameras ausgelöst worden. Erkenntnisgewinn und Aufwand hätten stark auseinandergeklafft.

Die Kameras werden aber noch nicht abgebaut. Die Innenbehörde wolle zunächst noch die letztinstanzliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts abwarten, sagte Kunz. Und bis zur höchstrichterlichen Entscheidung könnten sie jederzeit "anlassbezogen wieder eingeschaltet werden, etwa bei Demonstrationen".

Kritik kam aus der CDU-Bürgerschaftsfraktion: Innensenator Michael Neumann (SPD) schaffe einen wesentlichen Baustein der erfolgreichen Kriminalitätsbekämpfung der vergangenen Jahre ohne Not ab, sagte Innenexperte Kai Voet van Vormizeele. "Wahrscheinlich ist es jetzt nur noch eine Frage der Zeit, bis das Glasflaschenverbot und das Waffentrageverbot ebenfalls aufgehoben werden."