Sechs Italiener sind vor dem Hamburger Landgericht angeklagt. Sie sollen Senioren betrogen haben. Angeklagte haben die Taten gestanden.

Hamburg. So sieht er also aus, der angebliche Mafia-Pate von Barmbek. Grauer Pullover, Halbglatze, kühler Blick - ebenso gut könnte Pasquale R. auch ein Manager sein. Vielleicht trifft es Familienmanager besser, denn einst soll der 48-Jährige tatsächlich als Mitglied der italienischen Camorra ganze Viertel in Neapel beherrscht haben. Doch dann machte ihm ein rivalisierender Clan das angestammte Revier, den Stadtteil San Giovanni a Teduccio, streitig. Das ist lange her und der Glanz einstiger Gauner-Grandezza verblichen - in Barmbek-Süd lebt der Mann in einem schmucklosen Hochhaus. Vor zehn Jahren kam er nach Hamburg, um mit dem Straßenverkauf von Hosen, Hemden und Jacken seine Familie in Italien über Wasser zu halten. Nur hauten er und seine fünf Komplizen etliche alte Menschen übers Ohr, indem sie ihnen minderwertige Imitate von Marken-Lederjacken zu überteuerten Preisen andrehten.

Vor dem Landgericht muss sich die Bande deshalb seit gestern wegen schweren Betrugs verantworten. Dort entpuppt sich der vermeintliche Patron eher als Phantom der Mafia. Denn bereits vor drei Monaten ist ein Verfahren wegen des Verdachts auf Beteiligung in einer kriminellen Vereinigung gegen ihn und seine Komplizen eingestellt worden. Einen hochkriminellen Hintergrund schließt offenbar auch das Gericht aus, vor Verhandlungsbeginn verständigte es sich mit den Verteidigern auf moderate Strafen. So stellt die Kammer Pasquale R. eine Strafobergrenze von zwei Jahren und neun Monaten Haft in Aussicht. Die Strafen für seine fünf Komplizen befänden sich im bewährungsfähigen Bereich von maximal zwei Jahren. Die Schadenshöhe sei nicht erheblich, die Angeklagten hätten die Taten frühzeitig gestanden, seien zuvor in Deutschland nicht straffällig geworden, so das Gericht. Die Staatsanwältin fordert deutlich höhere Strafen.

Gestern räumten die Angeklagten die Taten ein, denn nur so erhalten sie den Bonus bei der Strafzumessung. Demnach war die Masche immer gleich: Sie fuhren mit dem Auto herum und sprachen auf der Straße oder auf Parkplätzen gezielt ältere Menschen an, indem sie mal nach dem Weg fragten, mal eine alte Bekanntschaft vorgaukelten. Sie kämen gerade von einer Modemesse und hätten eine Kollektion hochwertiger Lederjacken dabei. Ihren Opfern schenkten sie die Jacken, forderten allerdings als Gegenleistung prompt Geld für Benzin oder Flugtickets ein. Auf diese Weise erschlichen sie sich Summen von zehn bis mehreren Hundert Euro.

Bei den Kunstlederjacken handelte es sich um wertlosen Ramsch aus China. Für die Beschaffung war die Ehefrau von Pasquale R., die ebenfalls angeklagte Vincenza A., 43, zuständig. Ihr Mann verhökerte die Jacken oder gab sie gegen Provision an seine Mittäter weiter. Die Verkaufsmasche, so Pasquale R., habe er sich 2008 von einer "Gruppe junger Neapolitaner" abgeschaut, die Jacken-Imitate in deutschen Großstädten mit hohem Gewinn verkauften.

Allein Pasquale R. legt die Staatsanwaltschaft 856 Taten zur Last, in zahlreichen Fällen blieb es jedoch beim Versuch. Seine Handlanger indes schlugen kaum Profit aus den Betrugsgeschäften: Er habe sogar noch draufgezahlt und 600 Euro Schulden gemacht, sagt Salvatore D., 47. Der Prozess wird fortgesetzt.