Alexander S., der den Unfall in Eppendorf verursachte, hatte eine hohe Konzentration des Marihuana-Wirkstoffs THC im Blut. Er nimmt sich einen Anwalt

Eppendorf. Es war einer der schwersten Verkehrsunfälle der vergangenen Jahre in Hamburg. Eine Woche nach dem Unglück mit vier Toten und acht Verletzten am Eppendorfer Baum steht die vermutliche Ursache fest: Alexander S., der Unfallverursacher, war stark berauscht, als er am Steuer saß.

Wie Polizeisprecherin Karina Sadowsky mitteilte, habe auch ein Bluttest den Marihuana-Wirkstoff THC bei dem 38-Jährigen nachgewiesen. Der Test bestätigte das Ergebnis eines Urin-Schnelltests, der am vorigen Sonnabend am Unfallort gemacht worden war.

Ob der Immobilienkaufmann kurz vor dem Unfall etwa einen Joint geraucht hatte oder der Rauschgiftkonsum bereits länger zurücklag, ist noch unklar. Der Marihuana-Wirkstoff sei aber in hoher Konzentration im Blut des 38-Jährigen nachgewiesen worden, stellte Oberstaatsanwalt Wilhelm Möllers, Sprecher der Staatsanwaltschaft, heraus. Der eindeutige und jetzt auch gerichtsfeste Drogentest begründe trotzdem keinen Haftbefehl, betonte Möllers. Auch, weil nicht wegen einer vorsätzlichen Tat ermittelt werde. Alexander S. sei ein freier Mann.

Bereits nach dem Unfall, bei dem der Sozialwissenschaftler Günter Amendt, der Schauspieler Dietmar Mues und seine Ehefrau sowie eine weitere Frau ums Leben kamen, war eine Verhaftung mangels Haftgründen abgelehnt worden: Alexander S. hat einen festen Wohnsitz. Es bestehe weder Verdunkelungs- noch Fluchtgefahr.

Der 38-Jährige hat sich nach Informationen des Abendblatts einen Anwalt genommen. Dieser nahm am Donnerstag Kontakt mit der Polizei auf. Damit ist auch klar, dass die Vermutung, der Unfallfahrer könnte untergetaucht sein, nicht stimmt. Die Polizei hatte ihn zuvor mehrere Tage lang telefonisch nicht erreichen können. Daraufhin hatte sie ihn für die übernächste Woche schriftlich vorgeladen. Ihm soll rechtliches Gehör angeboten werden, sagte ein Polizeisprecher, denn bislang sei der vierfache Todesfahrer noch nicht zu dem Unfall befragt worden. Alexander S. hat sich unterdessen bei seinem Arbeitgeber krank gemeldet. Er sei auf "unbestimmte Zeit nicht zu erreichen", sagte sein Chef Harald Schroers, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft WEP mit Sitz in Tornesch (Kreis Pinneberg). Mitarbeiter und Kollegen stehen immer noch unter Schock. "Das Ganze ist dramatisch und zieht weite Kreise." Näheres wollte Schroers dazu nicht sagen. Auch die Frage, ob es arbeitsrechtliche Konsequenzen für Alexander S. haben wird, wenn ihm Schuld am Unfall eindeutig nachgewiesen wird, ließ er offen.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen fahrlässiger Tötung, fahrlässiger Körperverletzung und Straßenverkehrsgefährdung. Bei einer Verurteilung könnte der 38-Jährige nach Angaben von Oberstaatsanwalt Möllers bis zu fünf Jahre ins Gefängnis kommen. Wann die Ermittlungen abgeschlossen sein werden und Anklage gegen den 38-Jährigen erhoben wird, ist noch unklar. Es ist jedoch zu erwarten, dass die weiteren Untersuchungen schon aufgrund des überaus großen öffentlichen Interesses zügig vorangetrieben werden.

Als Geisterfahrer war Alexander S. am vergangenen Sonnabend mit seinem Auto auf der Gegenfahrbahn trotz Rotlicht an der Ampel weitergerast und hatte auf der Kreuzung Eppendorfer Baum/Lehmweg einen Golf Cabrio gerammt, in dem der Schauspieler Peter Striebeck mit Ehefrau Ulla saß, die beide verletzt wurden.

Der silbergraue Fiat Punto überschlug sich daraufhin mehrmals und schleuderte in eine Menschengruppe, die an einer Fußgängerampel wartete. Wie Ermittlungen ergaben, war Alexander S. mit 98 Kilometern pro Stunde fast doppelt so schnell gefahren wie erlaubt.