Eine zehnköpfige Bande soll über Tarnfirmen 300 000 Euro Umsatzsteuer hinterzogen haben

Hamburg. Es sind die Eckpunkte eines echten Wirtschaftskrimis: Über ein Geflecht von Tarnfirmen und mithilfe Dutzender Scheinrechnungen soll eine Bande aus Hamburg mit Gold gehandelt und dabei Umsatzsteuer in Höhe von mehr als 300 000 Euro am Finanzamt vorbeigeschleust haben. Das Edelmetall, dessen Wert an den Rohstoffbörsen in den vergangenen Monaten um ein Vielfaches gestiegen war, soll dabei zu einem "erheblichen Teil" aus Straftaten wie Einbrüchen und Rauben stammen. Eingeschmolzen war die Beute dann weiter verkauft worden.

Unterstützt vom Mobilen Einsatzkommando und begleitet von Steuerfahndern hatten Beamte des Landeskriminalamt und der Staatsanwaltschaft bereits am frühen Dienstagmorgen 19 Wohnungen in ganz Deutschland durchsucht und die beiden Hauptverdächtigen verhaften lassen. "Wir ermitteln wegen des Verdachts der gewerbsmäßigen Hehlerei und bandenmäßiger Umsatzsteuerhinterziehung", sagte Oberstaatsanwalt Wilhelm Möllers.

Gegen sechs Uhr am Morgen hatten die Ermittler den 44-jährigen Serben Nenad M. in seiner Wandsbeker Wohnung und einen 36-Jährigen aus dem bayerischen Landkreis Fürstenfeldbruck aus dem Schlaf gerissen. Die beiden Männer sollen den illegalen Goldhandel organisiert haben. Bevor die Beamten Nenad M. allerdings den Haftbefehl vor die Nase halten konnten, mussten sie sich gegen dessen Kampfhund zur Wehr setzen. Der Hund griff die Polizisten unvermittelt an und konnte erst durch eine Kugel aus einer Dienstwaffe gestoppt werden. Er überlebte nicht. Der polizeibekannte Nenad M. soll zudem einen Schmelzofen betrieben haben, mit dem er den aus Straftaten stammenden Schmuck eingeschmolzen haben soll, bevor er weiterverkauft wurde. Der Ofen wurde sichergestellt.

19 Wohnungen wurden deutschlandweit durchsucht: Das Netz aus Tarnfirmen und Komplizen - insgesamt machte die Polizei zehn Verdächtige im Alter zwischen 19 und 70 Jahren aus - reichte vom schleswig-holsteinischen Barsbüttel über die Hamburger Stadtteile Eidelstedt, Wandsbek, Schnelsen, Rahlstedt und Hummelsbüttel bis nach Hannover und München.

Bei ihren Geschäften soll die Bande seit Mai vergangenen Jahres jeweils mehrere Kilogramm des wertvollen Edelmetalls an verschiedene Abnehmer veräußert haben. Unter anderem ist dabei auch ein Goldhändler aus Bückeburg im Kreis Schaumburg ins Visier der Ermittler geraten, der mehrfach Gold aus Hamburg angekauft hatte.

Gegenüber dem Abendblatt erklärte der 44-jährige Goldgroßhändler, bei dem ebenfalls durchsucht worden war, er kenne die genauen Vorwürfe nicht. "Wir kaufen Gold von über 500 Zwischenhändlern und Privatpersonen an", sagte Hans-Joachim M. Ob diese die Umsatzsteuer aus diesen Geschäften ordentlich versteuerten, könne er nicht überprüfen. Seine Firma schmelze die Ankäufe ein und verkaufe das aufbereitete Gold an Banken weiter. Zudem gebe seine Firma regelmäßig Kontrollmitteilungen über die angekauften Goldmengen an das Finanzamt weiter.

Die Steuerfahnder und die Staatsanwaltschaft stellten Vermögenswerte in Höhe von fast einer halben Million Euro sicher, mit denen der entstandene Schaden später ausgeglichen werden soll. Noch allerdings wissen die Ermittler nicht, wie viel Gold die Bande um Nenad M. überhaupt verkauft hatte. Bei den Durchsuchungen sollen die Beamten jedenfalls keines gefunden haben. Ebenso wenig ist klar, wie viele Opfer es gibt, deren Schmuck schließlich im Schmelzofen landete.