Der Lagerarbeiter Jörg B. hatte seine 19-jährige Tochter in einem Streit um Musiklautstärke mit fünf Messerstichen lebensgefährlich verletzt.

Bergedorf. Als das Urteil gegen ihn verlesen wurde, schaute Jörg B. nur kurz auf. Dann saß er wieder so da, wie er den ganzen Prozess verfolgt hatte: Den Blick teilnahmslos auf seine gefalteten Hände auf dem Tisch gerichtet, den Kopf leicht eingezogen. "Sie haben ihre Tochter gewonnen, und kurz danach wieder verloren", sagte der Richter nach der Urteilsverkündung.

Jörg B., 37, wurde gestern vor dem Bergedorfer Amtsgericht wegen gefährlicher Körperverletzung zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt. Der Lagerarbeiter hatte am 20. Juni um fünf Uhr morgens seine 19-jährige Tochter Jennifer in einem Streit um Musiklautstärke mit fünf Messerstichen, unter anderem in die Niere, lebensgefährlich verletzt.

"Du hättest alles wieder gutmachen können, hast aber alles zerstört", sagte seine Tochter Jennifer in ihrem Schlusswort vor der Urteilsverkündung. "Ich will dich nie wieder sehen." Jennifer hatte ihren Vater vor der Tat erst sechs Wochen gekannt: Kurz nach ihrer Geburt verließ er die Familie und meldete sich nie mehr. Ein Halbbruder fand Jennifer über das Internet und stellte den Kontakt zu Jörg B. her.

Von da an verbrachte Jennifer jedes Wochenende mit ihrem Vater. Am 20. Juni wollte sie bei ihm übernachten. Als er jedoch nachts die Heavy-Metal-Musik nicht leiser drehen wollte, kündigte Jennifer an, zu einem Freund zu gehen. Weil der inzwischen betrunkene Vater anscheinend intimen Kontakt zwischen den beiden befürchtete, hielt er sie auf und stach auf sie ein. Nachdem er sich seiner Tat bewusst wurde, ließ er von ihr ab und rief Polizei und Notarzt. Er wurde noch am Tatort verhaftet.

Der Staatsanwalt hatte auf dreieinhalb Jahre Haft plädiert. Für den Richter war jedoch strafmildernd, dass der Vater nach den Stichen sofort Hilfe rief und das Blut zu stillen versuchte. Zudem wurde der Angeklagte durch einen Gutachter als eingeschränkt schuldfähig eingestuft - zur Tatzeit hatte Jörg B. bis zu 2,7 Promille Alkohol im Blut. Da Trinken jedoch bei ihm Gewohnheit war, sprach der Richter den Täter nicht wegen Schuldunfähigkeit frei, wie es dessen Verteidiger in seinem Plädoyer gefordert hatte.