Eines der Bilder zeigt die 21-Jährige nackt im Auto. Offenbar hat der 23-Jährige die Bilder verbreitet, weil die junge Frau ihn verlassen hatte.

Hamburg. Das Internet: unendliche Weiten, unendliche Risiken. Problemlos lassen sich erotische Bilder der Ex und Verleumdungen in Umlauf bringen. Anonym ist der Täter, das Opfer steht am Pranger: Einmal im Elefantengedächtnis des Internets abgespeichert, lassen sich die kritischen Inhalte in der Regel nur mit einigem technischen Aufwand entfernen. Der Biometrische Suchdienst Procomb (Dortmund) schätzt, dass 20 bis 30 Prozent der in Deutschland von Amateuren gefertigten Erotikfilme- oder -bilder früher oder später im Internet landen. Die Leidtragenden seien meist Frauen, Rache und Wut nicht selten das Motiv.

Mariam K., 21, ist eine der Betroffenen des Internet-Mobbings. Es waren intime Fotos, die ihr damaliger Freund geschossen hatte. Eines zeigte sie nackt im Auto. Natürlich sollte niemand außer ihm die Bilder zu Gesicht bekommen - schon gar nicht die Verwandten der Afghanin.

Als die erotische Auto-Aufnahme im Februar als Profilfoto in ihrem MSN-Hotmail-Account auftauchte, ging für Mariam K. die Welt unter. Über den Account chattete sie mit Freunden und Verwandten. Alle Personen auf der Kontaktliste konnten das Nacktbild sehen, das zudem noch mit einem weiteren Benutzerkonto von Mariam K. verknüpft war. Die zierliche Frau hatte gleich ihren Ex-Freund, Abdullah A., in Verdacht, das Nacktbild eingefügt zu haben.

Seit gestern steht der 23-Jährige vor dem Amtsgericht St. Georg. "Verstoß gegen das Kunsturhebergesetz" nennt sich im Juristendeutsch die versuchte öffentliche Demontage eines Menschen mit digitalen Mitteln. "Er war der einzige, der über die Bilder verfügte und das Passwort für meinen Account hatte", sagt Mariam K. Die Zugangsdaten habe sie ihm gegeben, damit er ihren Account einrichtet. "Mit Computern kenne ich mich nicht aus", sagt sie. Ihr Freund umso mehr: Er ist Inhaber von zwei Internetcafés in Billstedt.

Es war keine einfache Beziehung und keine unproblematische Trennung. Häufig habe er sie geschlagen, im Streit sogar gebissen. Ein Gericht ordnete schließlich ein Kontaktverbot an. Im Oktober 2009 gab sie ihm den Laufpass. "Mit der Trennung war er nicht einverstanden", sagt sie. Hat Abdullah A. die Fotos aus Rache ins Netz gestellt?

Ganz in Schwarz erscheint der klein gewachsene Angeklagte vor Gericht. Zu den Vorwürfen schweigt er. Für ihn steht viel auf dem Spiel: Wird er verurteilt, drohe seinem Mandanten nach zwei früheren Rechtsverstößen die Abschiebung, sagt sein Anwalt. Eine Einstellung gegen Strafbefehl hatte der 23-Jährige abgelehnt. Auch von der milden Geldstrafe, die ihm die Staatsanwältin in Aussicht stellt, will er nichts wissen.

Für Mariam K. folgte auf die Zurschaustellung ein familiäres Desaster, die Angehörigen tobten. Löschen konnte sie das Foto nicht: Sie habe keinen Zugriff auf das Chat-Modul gehabt. "Abdullah muss mein Passwort geändert haben." Drei volle Tage war das Schmuddelbildchen online, ehe es die Polizei entfernen ließ. "Meine Familie war total enttäuscht von mir", sagt die Gesundheitsassistentin.

Die Chancen stehen nicht allzu schlecht für Abdullah A. Das Gericht muss nachweisen, dass er als Einziger im Besitz des Fotos war, es nicht an Dritte weitergegeben hat. Und seine Ex-Freundin hat bei wichtigen Punkten Erinnerungslücken. So könne sie nicht sicher ausschließen, das Passwort einem weiteren Freund verraten zu haben.

Die Ermittlungen der Polizei förderten indes wenig Verwertbares zutage. Der Anschluss des Täters befand sich im Großraum Hamburg - mehr wissen die Beamten nicht. Das Gericht will nun beim Internet-Provider den Anschlussnehmer ermitteln. Selbst dann stünde jedoch nicht fest, wer es sich vor dem Rechner bequem gemacht hat, um Mariam K. öffentlich fertigzumachen.