Musterprozess um Steuerpflicht auf dem Wasser. Schwimmendes Konferenzzentrum nach Urteil des Finanzgerichts von Grundsteuer befreit.

Hamburg. Kurz vor Ende dieses bizarren Rechtsstreits vor dem Hamburger Finanzgericht mischte auch die Wasserschutzpolizei kräftig mit. Die Beamten fuhren mit einem Schiff ganz dicht an das schwimmende Konferenz- und Eventzentrum des Mercure-Hotels am Mittelkanal heran - um durch einige robuste Manöver festzustellen, ob die Anlage ein Haus ist oder nicht.

Angeordnet hatte den Test im Namen des Volkes Christoph Hardt, Vorsitzender Richter am Finanzgericht (3. Senat). Als das Polizeischiff an Kai 10 vorbeizog, schaukelte die Anlage im Wellengang. Das tun Häuser gemeinhin nicht.

So banal diese Erkenntnis ist, so sehr fehlte es bislang an juristischer Trennschärfe von Gebäude und Boot. Nicht unwichtig für jene, die maritimen Wohnraum ihr Eigen nennen. Denn Gebäude sind grundsteuerpflichtig, Boote nicht. Ist also ein Hausboot ein Haus? Oder ein Boot?

Richter Hardt verkündete das Urteil noch im Salon des Konferenzzentrums: Das Hausboot ist kein Haus. Es schwimmt. Es ist ein Boot. Damit endete der Musterprozess auf dem Wasser. Schwimmende Häuser - dazu zählen Hotel-, Gastronomie-, Wohnschiffe und Hausboote - sind nicht grundsteuerpflichtig, entschied die Kammer. Über die Sache wird in letzter Instanz allerdings noch der Bundesfinanzhof befinden. "Bis dahin werden ähnliche Verfahren ruhen, sofern solche überhaupt im Bundesgebiet anhängig sind", sagte Finanzgerichtssprecher Christoph Schoenfeld.

Erstmals hatte damit ein Finanzgericht in Deutschland speziell über Hausboote zu entscheiden - obgleich maritimer Wohnraum immer beliebter wird. Allein im Bezirk Mitte gibt es rund 90 belegte und 20 freie Liegeplätze für Hausboote. Deren Steuerfreiheit hatte das Finanzamt bislang auch nicht beanstandet. Im Fall der schwimmenden Konferenzanlage vertrat es jedoch eine andere Rechtsauffassung - und schuf einen Präzedenzfall.

Das Konferenzzentrum stehe zwar nicht auf dem Grund des Kanals, sei jedoch mit Dalbenschlössern fest verankert, überdies manifestiere sich die "Ortsfestigkeit im äußeren Erscheinungsbild", so das Amt. Es handele sich folglich um ein Haus, und die Verpächterin des Pontons, die Firma Moor Park, müsse neben den Nutzungsgebühren für die Wasserfläche (rund 8000 Euro) Grundsteuer entrichten - jährlich wären so rund 3000 Euro Mehrausgaben fällig geworden.

Nach dem Bewertungsgesetz muss ein Gebäude jedoch standfest und mit Grund und Boden verbunden sein - dies trifft etwa auf maritime Pfahlbauten zu. Diese Kriterien erfülle die schwimmende Konferenzanlage nicht, argumentierte die Klägerin. "Jeder, der schon einmal unter Seekrankheit gelitten hat, weiß, dass ein Boot und damit auch das schwimmende Konferenzzentrum nicht standfest und folglich kein Gebäude ist."