Seit gestern wird gegen den 30 Jahre alten Bartosz R. vor dem Amtsgericht St. Georg verhandelt. Er soll Polizisten angegriffen haben.

Hamburg. Das Gericht hat Mühe, beim Angeklagten durchzudringen. Der 30-jährige schäumt vor Wut, beschimpft einen Zeugen, unterbricht die Richterin mehrfach - und wurschtelt auch noch einen makabren Vergleich aus der untersten Schublade hervor: Die mündliche Verhandlung erinnere ihn an Zustände, wie sie 1939 in Deutschland geherrscht haben müssen. Ihm sei übel, so wütend sei er, sagt der Angeklagte Bartosz R..

Wütend, weil er sich zu Unrecht vor Gericht gezerrt fühle. Seit gestern wird gegen den impulsiven Mann vor dem Amtsgericht St. Georg verhandelt. Am 23. September wollten Vollziehungsbeamte des Zuführdienstes Altona seine Mutter aus der gemeinsamen Wohnung abführen. Das Amtsgericht Hamburg hatte zuvor eine zweiwöchige Unterbringung in einem psychiatrischen Therapiezentrum angeordnet. Laut Anklage rastete der durchtrainierte Mann dabei aus. Schlug, beleidigte und bedrohte die Beamten mit einem Küchenmesser.

Doch der 30-Jährige weist die Vorwürfe energisch von sich. "Ich hatte kein Messer", sagt er. Völlig unvermittelt seien die Beamten an jenem Morgen an seinem Bett aufgetaucht. "Ich dachte zunächst, das sind Einbrecher", sagt er. Dann habe er die gesetzliche Betreuerin seiner Mutter wiedererkannt. "Ich war so sauer, die konnten sie doch nicht einfach so mitnehmen." Er habe die Beamten dann aus der Wohnung gejagt und sie noch durchs Treppenhaus verfolgt.

Adriano K. (39) war einer der Beamten, die den Gerichtsbeschluss durchsetzen sollten. "Er strahlte ein unglaubliches Aggressionspotenzial aus", sagt er. Nach einer Rangelei habe der 30-Jährige sie mit einem Brotmesser bewaffnet und mit den Worten "Ich bring euch alle um" durchs Treppenhaus gejagt. Sie hätten dann die Polizei um Hilfe gebeten. Auch den Polizisten habe Bartosz R. Prügel angedroht. Doch der wegen Körperverletzung vorbestrafte Student sieht sich als Opfer. "Die zielten mit einer Waffe auf mich, obwohl ich unbewaffnet war."

Getreten hätten sie ihn, ihm Pfefferspray in die Augen gesprüht und sich brutal auf seine Brust gekniet. Laut Anklage soll er einem Polizist in die Wade gebissen haben. Bartosz R.: "Ich wollte es, habe aber nur seine Hose erwischt."

Sichtlich angespannt verfolgt der Angeklagte die Aussage von Adriano K. "Der Zeuge ist kein Zeuge, sondern ein Täter", giftet er. "Ein Lügner und Betrüger." Der Richterin reicht es: Sie droht dem 30-Jährigen ein Ordnungsgeld an. Die Staatsanwältin regt unter dem Eindruck des Prozessverhaltens gar an, einen psychiatrischen Sachverständigen einzubestellen, der Bartosz R. während des Verfahrens begutachten soll. Nun wird der Prozess fortgesetzt, und Bartosz R. erhält von Gerichts wegen einen Pflichtverteidiger. Es ist wohl besser so.