Die Polizei musste ein Schwein mit 17 Schüssen töten, nachdem es in einem Büro gewütet hatte. Das Tier war durch eine Glastür gerannt.

Hamburg. Eine marodierende Wildschweinrotte hat in Volksdorf zu einem kuriosen Polizeieinsatz geführt. Von dem Dutzend Tiere, das sich augenscheinlich verirrt hatte, waren am Ende drei ertrunken und zwei erschossen - eines davon mit 17 Schüssen, nachdem es in ein Büro eingedrungen und dort großen Schaden angerichtet hatte.

Alles hatte Freitagabend damit angefangen, dass Anwohner die Polizei riefen, weil fünf Schweine auf das dünne Eis des Sees Allhorndiek gelaufen und dort eingebrochen waren. Als die Polizei eintraf, waren drei der Schweine bereits ertrunken. Die beiden anderen hatten sich retten können.

Eines der Wildschweine, das sich aus dem Wasser befreien konnte, rannte daraufhin in die Eulenkrugstraße in den Verkehr - und durchbrach dann die Fensterfront eines Büros. Dort verwüstete das aufgebrachte Tier zwei Zimmer. Es rannte gegen die Möbel, riss Computer und Telefone von den Tischen und versuchte erneut, das Glas zu durchbrechen. Einem Mitarbeiter gelang es, das Wildschwein in einem Raum einzuschließen. Anschließend versuchte ein Polizist, das junge Schwein mit einer Maschinenpistole zu erschießen, doch erst einem dazugerufenen Jäger mit einem Jagdgewehr gelang es schließlich, das Tier zu töten. 17 Schüsse mussten auf das Wildschwein abgegeben werden.

Doch damit war der Einsatz für die Polizei noch nicht beendet: Kurze Zeit später tauchte die Wildschweinrotte in der U-Bahn-Station Buchenkamp auf. Eines der Tiere wurde von einer U-Bahn angefahren und schwer verletzt. Ein Polizist erlöste das Tier durch zwei Schüsse aus seiner Dienstpistole. Da sechs weitere Wildschweine am Bahnhof Buchenkamp wüteten, musste der Strom an den Gleisen für eine Stunde abstellt werden. Personen kamen nicht zu Schaden.

Erst im Januar hatte ein Wildschwein einen Waggon der U 1 zum Entgleisen gebracht, als es kurz vor der Station Ohlstedt auf die Gleise gelaufen war.

Beim jetzigen Auftritt der Tiere in Volksdorf hat das Schwein, das in das Büro eingebrochen war, deutlich größeren Schaden verursacht als seine Kollegen im U-Bahnhof: Auf mindestens 15 000 Euro wird der Sachschaden geschätzt.

"Die Wildschweine haben sich in den vergangenen Jahren durch die milden Winter und ein gutes Futterangebot stark vermehrt", sagte Christiane Kuhrt, Sprecherin des Bezirksamts Wandsbek, gestern auf Nachfrage des Abendblatts. "Wandsbek ist sich des Problems bewusst und macht bereits vermehrt Jagd auf Wildschweine." Allerdings sei das gar nicht so einfach, so Kuhrt: "Die Tiere sind ziemlich schlau." Der Bezirk wolle den Vorfall in Volksdorf zum Anlass nehmen, sich eventuell schon in dieser Woche mit allen betroffenen Abteilungen zusammenzusetzen und zu überlegen, was getan werden müsse.

Etwa 240 Wildschweine werden von Hamburger Jägern im Jahr geschossen. Gerade aus den Bezirken Wandsbek (mit dem Naturschutzgebiet Duvenstedter Brook) und dem Bezirk Harburg (mit dem Naturschutzgebiet Fischbeker Heide) gibt es immer wieder Meldungen, dass die Tiere Gärten verwüsten. Im Frühjahr 2004 war eine Joggerin in Lemsahl-Mellingstedt von einem Wildschwein angegriffen worden. "Das Wildschwein ist eine tolle Wildart, aber wir müssen verhindern, dass es zu sehr Überhand nimmt - und wir Zustände wie in Berlin bekommen", sagt Markus Willen, Geschäftsführer des Landesjagd- und Naturschutzverbandes der freien und Hansestadt Hamburg. In gartenreichen Bezirken der Hauptstadt seien Wildschweine eine regelrechte Plage geworden.

Warum die Rotte am Freitagabend nach Volksdorf gekommen ist, darüber kann Willen nur spekulieren: "Nahrung finden sie im Moment genug, das kann es nicht sein. Vielleicht war die Rotte von ihrer Leitbache verlassen, weil diese Nachwuchs erwartet, und der Gruppe junger Schweine fehlte die Führung." Ohne diese Führung eines erfahrenen Tieres könnten die Überläufer (ein- bis zweijährige Wildschweine) immer näher in die Stadt hinein und dann in Panik geraten sein.