Erst flogen wilde Beschimpfungen, dann nur noch die Fäuste. Dennis F. und Waldemar B. schlugen sich grün und blau.

Hamburg. Ihre Kleidung war zerfetzt, Blut spritzte, es hagelte Faustschläge und Tritte - Augenzeugen der Schlägerei wähnten sich in einem Martial-Arts-Film, so brutal droschen Dennis F. (36, Name geändert) und Waldemar B. (51) in der Bergedorfer Schloßstraße aufeinander ein. Am Ende musste Dennis F. mit einem Kieferbruch im Krankenhaus behandelt werden. Waldemar B. trug unter anderem Prellungen und eine Kopfplatzwunde davon. Die beiden Männer, die sich gestern vorm Amtsgericht Bergedorf wiedersehen, könnten unterschiedlicher kaum sein. Der Hafenarbeiter Dennis F. ist ein hochgewachsener Mann mit breiten Schultern. Das mutmaßliche Opfer ist eher schmächtig, deutlich kleiner und älter als der 36-Jährige, der wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt ist. Laut Staatsanwaltschaft sah Dennis F. rot, weil Waldemar B. ihm die Vorfahrt genommen hatte. Inzwischen weiß er es besser. "Da habe ich mich wohl geirrt", gibt Dennis F. nun kleinlaut zu.

Damals aber glaubte er sich im Recht. Der 36-Jährige war am 28. August auf der Chrysanderstraße unterwegs, als ihm der rote Lkw des Bauarbeiters scheinbar die Vorfahrt genommen hatte. Nach ein paar Metern verließen die Männer ihre Fahrzeuge, standen sich "Nase an Nase" gegenüber. Zunächst flogen wilde Beschimpfungen hin und her - dann flogen nur noch die Fäuste.

Am Tatort hatten sich rasch etliche Schaulustige versammelt. "Alle gafften, niemand schritt ein", sagt Regina K. (48). Erst als Dennis F. den Kopf von Waldemar B. mit Wucht gegen eine Häuserwand geschlagen habe, sei sie dazwischengegangen. "Ich schrie: Hör auf, du bringst ihn ja um", sagt die Zeugin. "Doch davon kam nichts bei ihm an. Der wirkte wie ein Pitbull auf Blutspur." Dabei hat sich der Lkw-Fahrer kaum noch gewehrt. Sie seien dann in einen Fahrradständer gestürzt, Dennis F. habe auf ihm gesessen und weiter mit der Faust auf ihn eingedroschen. "Der Lkw-Fahrer war total benommen. Er wehrte sich noch mit Fausthieben, traf aber aus nächster Distanz nicht mal mehr ansatzweise sein Ziel", sagt auch der Zeuge Alexander O. (24). Stoppen konnte den rasenden Mann erst der Schüler Sven B. (27). Zweimal trat er ihm gegen den Kopf - Dennis F. wurde bewusstlos, sein Kiefer war gebrochen.

Er, der ausgeflippte Aggressor? Der 36-Jährige sieht das ganz anders - ohne zu verhehlen, dass auch er geprügelt hat. "Aber ich habe ihn nicht gegen die Wand geschlagen, wir sind dagegengefallen", sagt er. Warum er weiter zuschlug? Sein Kontrahent habe einfach nicht aufgesteckt. "Vielleicht habe ich etwas übertrieben, aber ich wollte ihn nicht umbringen."

Das Gericht steht vor einem Dilemma: Sechs Zeugen schildern das Geschehen teils unterschiedlich, Dennis F. und Waldemar B. schieben sich die Schuld ohnehin gegenseitig zu. Der 51-Jährige habe sich vor ihm aufgeplustert und ihn als Idiot beschimpft, sagt Dennis F. "Dann hat er mir plötzlich eine Kopfnuss gegeben." Die Version von Waldemar B. klingt so: "Er stieg zuerst aus. Ich wollte die Sache in Ruhe klären, doch er hat mich sofort attackiert."

Für Dennis F. wurde die öffentliche Prügelei zum privaten Albtraum. Freunde hätten sich von ihm abgewandt. "Meine eigene Tochter hatte Angst vor mir, als sie mich im Krankenhaus besuchte."

Der Prozess wird am 26. März fortgesetzt.