Thorsten S. wurde zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten auf Bewährung verurteilt. Außerdem ordnete die Richterin eine Sexualtherapie an.

Hamburg. Die Stimme von Thorsten S. klingt dünn. Reue schwingt darin mit. Scham. Ja, er habe kinderpornografische Dateien heruntergeladen, sagt der 44-Jährige. "Und ich weiß nicht, was mich da geritten hat. Nicht nur ein paar, es waren Unmengen von Bildern und Videos, die er zu Hause auf zwei Rechnern und Hunderten DVDs hortete. Fast 26.000 Dateien hat die Polizei im November 2008 auf den Datenträgern sichergestellt. Vieltausendfaches, namenloses Leid. Nur das eingeblendete Alter der Opfer klebte wie ein Qualitäts-Etikett auf den meisten Filmchen, die zeigen, wie Kinder - auch Säuglinge - zu kaum vorstellbaren sexuellen Handlungen gezwungen werden. "Der Fall geht weit über das übliche Maß hinaus", sagt der Staatsanwalt.

Unendlich peinlich sei ihm das alles, sagt der Angeklagte leise. Der 44-Jährige, der sich vor dem Amtsgericht Blankenese für den Besitz und die Verbreitung kinderpornografischer Schriften verantworten muss, trägt einen Vollbart und ein Baumfällerhemd. Gekrümmt sitzt er da. Er wisse, er benötige eine Sexualtherapie. "Sie hatten genug Zeit, sich um eine zu kümmern", sagt die Richterin und klingt irritiert. "Ich bin halt so antriebslos", entgegnet der Angeklagte. Zuletzt habe er die Wohnung nur noch verlassen, um sich bei einem Billig-Discounter mit Bier einzudecken. Er sei alkoholsüchtig und depressiv, auch darum benötige er dringend eine Therapie.

Seit Jahren kommt Thorsten S. nicht vom Fleck - trotz günstiger Prämissen. Erst scheiterte der gelernte Bankkaufmann im Studium, dann begann er zu trinken, wurde obdachlos. Je mehr er sich einigelte, desto mehr verlor er die Perspektive, lebt seit fast zehn Jahren von der Stütze. Als ihn nach sechs Jahren die Freundin verließ, habe er begonnen, Pornos zu sammeln, überwiegend für Erwachsene. "Es war die reine Sammelwut", sagt er. Die erste Berührung mit Kinderpornos - ein Zufall. "Ich habe mir Asterix und die Gallier bei ,Emule' heruntergeladen, da war ein Kinderporno drin." Danach fand er kein Limit mehr.

Tauschbörsen wie Emule ermöglichen den Tätern den einfachsten Zugang zu dem strafbaren Material. Thorsten S. hatte explizite Schlüsselwörter eingegeben und in Minuten die Dateien auf dem Rechner. Ein simpler technischer Vorgang, mit einem klinisch sauberen Ergebnis - Bilder schreien nicht. "Sie waren nur einen Mausklick vom Unrecht entfernt", sagt der Staatsanwalt.

Thorsten S. steht auch wegen Verbreitung der Kinderpornos vor Gericht: Indem er die Dateien herunterlud, stellte er sie gleichzeitig anderen Nutzern zur Verfügung, es ist das Tauschprinzip von Emule. "Zu solchen Missbräuchen von Kindern kommt es", sagt die Richterin, "weil Leute wie Sie Kinderpornos konsumieren. Sie tragen dazu bei, dass dieser Missbrauch von Kindern weiter gefördert wird." Unterm Strich überwiegen die strafmildernden Aspekte: Die Einsicht des unbestraften Angeklagten, die Bereitschaft, Hilfe anzunehmen, die Möglichkeit der simplen Beschaffung der Dateien. Sie verurteilt Thorsten S. zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten auf Bewährung, ordnet eine Sexualtherapie an. Er nickt. Es tue ihm leid. Allen tut es leid. Hinterher.