Die Polizei vermutet einen Täter hinter den sechs Bränden. Eine schwangere 21-Jährige liegt noch immer im künstlichen Koma.

Hamburg. Es ist bereits der sechste Kinderwagen, den die Feuerwehr aus einem Hausflur in Altona bergen musste - rußgeschwärzt und völlig verbrannt. Der sechste Kinderwagen, der von einem Unbekannten mutwillig angezündet wurde. Die Polizei steht vor einem Rätsel. In allen Fällen breiteten sich die Flammen in den Hausfluren aus, drohten auf Wohnungen überzuspringen.

Es ist nur eine Frage der Zeit, wann erneut jemand verletzt wird. Die schwangere 21-Jährige, die vor wenigen Tagen von den Flammen in ihrem Haus an der Augustenburger Straße überrascht wurde, liegt noch immer im künstlichen Koma.

Die Tatorte liegen nur wenige Hundert Meter voneinander entfernt. Alle rund um das alte Altonaer Gleisdreieck. Der letzte Fall: In der Nacht zu Dienstag traf es ein fünfgeschossiges Mehrfamilienhaus an der Suttnerstraße in Altona-Altstadt.

Kurz vor 2.30 Uhr schreckte eine 20-Jährige aus dem Schlaf auf, weil es in ihrer Wohnung im dritten Stock beißend nach Rauch roch. Sie rief die Feuerwehr, die im Hausflur einen brennenden Kinderwagen ausmacht und löschen konnte. Das Feuer hatte sich bereits zu den angrenzenden Holzverschlägen unterhalb des hölzernen Treppenhauses vorgefressen. Nur wenige Minuten später hätte der gesamte Hausflur in Flammen gestanden. Verletzt wurde zum Glück niemand, da alle Bewohner den Aufforderungen der Feuerwehr Folge leisteten und in ihren Wohnungen blieben.

Die Brandserie:

Kurz nach 3 Uhr am frühen Morgen konnten die Brandbekämpfer der Berufsfeuerwehr abrücken und den Ermittlern des Landeskriminalamts (LKA) 45 Platz machen, die den Brandherd auf das Genaueste untersuchen. Die Brandermittler der Polizei suchen derzeit fieberhaft nach Spuren, um den oder die Brandstifter auszumachen. Auffällig ist: In mindestens zwei der bislang sechs Brandstiftungen - alle geschahen zwischen Mitternacht und 3.20 Uhr - waren sie durch die geöffnete Haustür in den Hausflur gelangt.

Die Polizei rät deshalb dringend, stets darauf zu achten, dass die Hauseingangstür geschlossen bleibt. Hausflure sollten von Gegenständen jeder Art freigeräumt werden, und Kinderwagen sollten nicht unbeaufsichtigt in Fluren oder Treppenhäusern abgestellt werden. Außerdem empfiehlt die Polizei, sogenannte Rauchwarnmelder in der Wohnung anzubringen.

Wie der Kinderwagen gestern Morgen entzündet wurde, ist noch nicht bekannt. Ebenso wenig, warum es der Brandstifter ausschließlich auf Kinderwagen abgesehen hat. Die Spur seiner Taten beginnt zwei Tage vor Silvester. Kurz nach halb drei am frühen Morgen des 29. Dezember brennt ein Kinderwagen in der Barnerstraße (Ottensen). Am 14. Januar brennt ein weiterer im Zeiseweg, am 21. Januar in der Augustenburger Straße. Zehn Tage später wird ein Kinderwagen in der Bodenstedtstraße angezündet. Die letzten drei Straßen liegen alle im Stadtteil Altona-Nord.

Nur drei Tage später brennt es erneut in der Augustenburger Straße. Während zuvor kein Mensch zu Schaden kommt, werden diesmal zwei 21-Jährige schwer verletzt. Nachdem die Brandmelder in den Wohnungen des Mehrfamilienhauses nahe dem Postzentrum am Langenfelder Platz Alarm auslösen, rennen eine schwangere 21-Jährige und ihr gleichaltriger Freund voller Panik aus ihrer Wohnung im Dachgeschoss des Fünfgeschosses - und mitten ins Feuer.

Während die junge und im sechsten Monat schwangere Frau schwerste Verbrennungen an den Armen und am Oberkörper erleidet und ins künstliche Koma gelegt wird, kommt ihr Freund mit einer Rauchvergiftung ins Krankenhaus.

Brandserien sind in Hamburg kein seltenes Phänomen: Neben der Serie von Brandstiftungen an Autos, der 2009 knapp 170 Wagen zum Opfer fielen, hatte die Polizei erst Anfang 2009 Lurup zum Gefahrengebiet erklärt, nachdem es dort in nur vier Monaten 60-mal gebrannt hatte.

Bei der Aufklärung der Brandserie rund um das Gleisdreieck hofft das Landeskriminalamt auch auf Hilfe aus der Bevölkerung. Zeugen, die möglicherweise den oder die Täter am frühen Dienstagmorgen beobachtet haben könnten, melden sich bitte unter Telefon 428 656 789.