Der Ex-Jesuiten-Pater Wolfgang St., der gestanden hat, Jungen missbraucht zu haben, unterrichtete auch in Hamburg.

Hamburg. Das Erzbistum Hamburg ist alarmiert: Der heute 65 Jahre alte Ex-Jesuiten-Pater Wolfgang St., der in einem Brief gestanden hat, über Jahre hinweg Jungen im Berliner Canisius-Kolleg missbraucht zu haben, unterrichtete auch in Hamburg. In den Jahren 1979 bis 1982 war er Sportlehrer an der katholischen Sankt-Ansgar-Schule, die damals von Jesuiten geleitet wurde. Noch ist nicht bekannt, ob es auch hier zu Missbrauchsfällen gekommen ist. Bistumssprecher Manfred Nielen: "Es wird Gespräche geben. Wir müssen sehen, welche Reaktion sinnvoll und angemessen ist. Wir bemühen uns um Aufklärung."

Gemeinsam mit einem weiteren Jesuiten-Pater, dem ehemaligen Religionslehrer Peter R., soll St. sich über Jahre hinweg immer wieder an pubertierenden Jungen vergangen haben. Der 65-Jährige, der inzwischen in Chile lebt, hat die Berliner Taten in einem Brief an die ehemaligen Schüler eingeräumt. Darin schreibt er: "Was ich dir und euch angetan habe, tut mir leid. Und falls du fähig bist, mir diese Schuld zu vergeben, bitte ich darum." In einer Erklärung gesteht Wolfgang St., "jahrelang Kinder und Jugendliche unter pseudopädagogischen Vorwänden missbraucht und misshandelt zu haben". Oft hätten die Taten im Zusammenhang mit besonders guten oder besonders schlechten Noten gestanden. St. betont in seiner Erklärung, dass er bereits im Jahr 1991 seine damaligen deutschen Provinzialoberen über seine "verbrecherische Vergangenheit" informiert habe. 1992 trat der Pater aus dem Jesuiten-Orden aus und ging nach Südamerika. In Chile baute er später einen Sportverein für Kinder und Jugendliche auf.

Der Leiter der Berliner Eliteschule Canisius-Kolleg hatte in einem Brief an 500 ehemalige Schüler darum gebeten, dass mögliche Opfer sich melden mögen. Laut "Spiegel" sollen sich daraufhin bereits 20 Betroffene zu erkennen gegeben haben. Die Berliner Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen aufgenommen. Ob auch ehemalige Sankt-Ansgar-Schüler angeschrieben werden sollen, stand gestern noch nicht fest. Nach seiner Hamburger Zeit soll Wolfgang St. auch an der katholischen Schule St. Blasien im Südschwarzwald unterrichtet haben. Der zweite mutmaßliche Beteiligte, Peter R., bestritt am Wochenende, an Missbrauchstaten beteiligt gewesen zu sein. Der heutige Provinzialrat der Jesuiten in Deutschland, Stefan Dartmann sagte, der Orden habe jetzt eine Anwältin mit der Prüfung der Akten beauftragt. So solle festgestellt werden, "was genau die Jesuiten damals wussten und welche Konsequenzen erfolgten." Laut "Spiegel" sagte der geständige Ex-Pater Wolfgang St., er sei "mit seiner Vergangenheit vor Gott und der Welt im Reinen." Die Taten sind verjährt.