Die Direktorin des Museums bittet die Bevölkerung um Hilfe. Das Exponat hat keinen Marktwert, nur Sammler könnte es interessieren.

Hamburg. Das Museum für Hamburgische Geschichte ist Schauplatz eines spektakulären Diebstahls geworden. Schon am 9. Januar haben Unbekannte, wie jetzt erst eingestanden wurde, den Schädel gestohlen, der dem legendären Piraten Klaus Störtebeker zugeschrieben wird. "Wir sind alle sehr bestürzt über den Diebstahl. Der legendäre und geheimnisvolle Schädel aus dem 15. Jahrhundert ist eine Reliquie der Hamburger Geschichte, eine der Hauptattraktionen unseres Hauses", sagte Museumsdirektorin Lisa Kosok. Das Museum hat eine Belohnung von bis zu mehreren Tausend Euro für die Wiederbeschaffung des Schädels ausgesetzt. Auch Polizeisprecherin Ulrike Sweden bestätigte gestern einen entsprechenden Vorabbericht der "Bild"-Zeitung.

Demnach hat ein Museumsmitarbeiter am 9. Januar den Diebstahl bemerkt, worauf das Hamburgmuseum Anzeige gegen unbekannt erstattete. Zu den genauen Umständen wollte sich Museumssprecherin Bettina Beermann gestern nicht äußern. Die Polizei erklärte gegenüber dem Abendblatt, dass keine Spuren gefunden worden, die auf einen Einbruch hindeuteten. Daher ist es wahrscheinlich, dass der Diebstahl während der Öffnungszeiten verübt wurde.

Von spektakulären Diebstählen sind Hamburgs Museen bisher weitgehend verschont geblieben. Der Diebstahl des Caspar-David-Friedrich-Gemäldes "Nebelschwaden" ereignete sich 1994 nicht in Hamburg, sondern in Frankfurt am Main, wo sich das Bild als Leihgabe in der Schirn-Kunsthalle befand. Der größte Hamburger Kunstdiebstahl passierte im Mai 1994 während der "Langen Nacht der Museen": Die Diebe hatten sich unter die Flaneure gemischt und eine Bronzestatue von Giacometti im Schätzwert von 500 000 Euro unbemerkt gegen eine primitive hölzerne Fälschung vertauscht. Peinlich für das Museum: Erst Tage später fiel Kunsthallenmitarbeitern der Diebstahl auf.

Auch im aktuellen Fall ist es denkbar, dass sich der Diebstahl bereits Tage vor seiner Entdeckung ereignet hat. In der Fülle der Exponate fällt das Fehlen eines Einzelstücks unter Umständen tagelang nicht auf. Der Fall des Piratenschädels unterscheidet sich jedoch von den klassischen Museumsdiebstählen, da sein Wert zwar kulturhistorisch hoch sein mag, aber keinen Marktwert besitzt. Das Stück, dessen Zuschreibung zudem äußerst fraglich erscheint, ist absolut unverkäuflich. Daher kann es sich bei den Dieben eigentlich nur um gewissenlose Sammler handeln oder um Kriminelle, die in deren Auftrag handelten.

Der Schädel wird seit Jahren Störtebeker zugerechnet, doch bisher konnten diese Vermutungen nie zweifelsfrei bewiesen werden. 1878 wurde er bei Erdarbeiten zusammen mit einem weiteren Schädel auf dem Grasbrook gefunden und im Museum als Piratenschädel ausgestellt. Erst 1999, im Zuge des Umbaus des Museums, wurden die Schädel genauer bestimmt. Nach einer Datierung durch archäologische Experten aus Oxford stammen sie aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts und der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts.

Damit sind sie definitiv der Zeit der Hanse und der Vitalienbrüder zuzuordnen, sagte Ralf Wiechmann, Abteilungsleiter für das Mittelalter im Museum für Hamburgische Geschichte, noch vor wenigen Wochen dem Abendblatt. Doch einen wirklichen Beweis, ob es sich um Störtebeker handele, gebe es nicht. Auch eine DNA-Analyse, die später vorgenommen wurde, konnte keine Klarheit bringen. Für das Hamburgmuseum ist er dennoch ein wertvolles Exponat. Und so bittet Museumsdirektorin Kosok auch: "Helfen Sie uns, den Seeräuberschädel wiederzufinden."