Ein oder mehrere unbekannte Täter haben die Schlösser an der Schleuse des Bramfelder Sees geknackt und die Schleuse geöffnet.

Hamburg. Es ist alles andere als ein Dummerjungenstreich: Ein oder mehrere unbekannte Täter haben die Schlösser an der Schleuse des Bramfelder Sees geknackt und die Schleuse geöffnet. Bis zur Entdeckung der Straftat lief der See unter der Eisdecke fast komplett leer: Von der ursprünglichen Wassertiefe von zwei bis drei Metern sind im See - um den ein gut zwei Kilometer langer Wanderweg führt - gerade noch 50 Zentimeter übrig geblieben. Viele der Fische, die sich durch das in die Seebek abfließende Wasser vor dem Wehr gesammelt hatten und im Schlick nach Luft schnappten, mussten von Anglern getötet werden. Der Angelsportverein Elbe hat Anzeige erstattet.

"Eine Anwohnerin hat das Ganze bemerkt und die Polizei gerufen", sagt Gewässerwart Thomas Lemsky (40). Vermutlich bereits in der Nacht vom 10. auf den 11. Januar hatten sich der oder die Täter an der Schleuse zu schaffen gemacht. Die Schleuse müsse ab und zu betätigt werden, denn bei zu hohem Wasserpegel liefen in der nahen Neubausiedlung die Keller voll, so Lemsky. Damit jedoch kein Unbefugter daran herumhantieren könne, seien Schlösser davor. Diese wurden aufgebrochen.

Der Bramfelder See ist 1,2 Kilometer lang und an seiner breitesten Stelle 400 Meter breit. Auf der größten der vier kleinen Inseln im See brütet Hamburgs größte Graureiherkolonie. Nachdem der See früher von Karpfenzuchtbetrieben wirtschaftlich genutzt wurde, ist er heute ein Biotop und Naherholungsgebiet. Er wird von mehreren Quellen gespeist.

Aus Naturschutzsicht ist die Tat eine Katastrophe. "Das ist jetzt alles nur noch Matsch dort", sagt Christian Gerbich (41), Leiter des Projekts Eisvogel an der Seebek des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu). "Nicht nur die Fische sterben dadurch, sondern auch alle Amphibien und Insekten, die in den Uferbereichen ihre Überwinterungsquartiere haben. Durch das Trockenfallen frieren diese Bereiche jetzt durch." Damit gingen die Nahrungsgrundlagen für viele Tiere verloren, das gesamte Ökosystem des Sees sei gestört.

Wie viele Fische durch das Leerlaufen des Sees ihr Leben lassen mussten, kann noch niemand sagen. "Ich rechne mit einem Verlust von 80 bis 85 Prozent des Bestandes", sagt Torsten Callesen (44), der seit 30 Jahren Mitglied im Angelsportverein Elbe ist. Erst wenn das Eis weg wäre, würden alle Fische hochkommen. Callesen: "Das werden die Anwohner dann riechen. Unter anderem 300 Karpfen und 150 Schleie setzt der Verein im Jahr in den Bramfelder See ein. Auch Hechte, Zander und Aale findet man hier. Der unmittelbar an das Nordufer des Sees grenzende Hauptfriedhof Ohlsdorf hat zugesagt, Wasser in den See zu lassen. Doch die entsprechende Schleuse ist durch das Eis derzeit nicht zu öffnen. Generell, so Callesen, würde sich der Wasserstand durch die Quellen und Zuläufe von Straßenwasser aber auch von selbst wieder regulieren können. Auch wenn das dauern könne.

Im zuständigen Bezirk Wandsbek ist man entsetzt über den Vorfall. "Wir können jedoch erst etwas unternehmen, wenn sich die Wetterlage ändert und Eis und Schnee verschwunden sind", sagt Bezirksamtssprecherin Christiane Kuhrt. Dann würden Bodenproben genommen und entschieden, was mit dem Gewässer geschehen solle. In Anglerkreisen wird, da der Schaden nun einmal da sei, der Ruf nach einer Sanierung des Gewässers laut.

Derweil ermittelt die Dienststelle für Umweltdelikte der Polizei nicht nur wegen Sachbeschädigung, sondern auch wegen Gewässerverunreinigung. Noch gäbe es keine Hinweise auf einen Täter.