Masoud S. soll bei einem Streit um Reparaturkosten einen Kunden, den Auszubildenden Sascha I., niedergeschlagen haben.

Hamburg. Wort steht hier gegen Wort. Und das Gericht vor einem Rätsel. Es gibt einen jungen Mann, der auf dem linken Ohr kaum noch hört. Es gibt einen Schlüsselbund, der kurioserweise eine Tatwaffe sein soll. Es gibt einen mutmaßlichen Täter, ein Opfer - und zwei Aussagen, die unterschiedlicher kaum sein könnten.

Angeklagt vor dem Amtsgericht St. Georg ist Masoud S. (44), ein Kfz-Meister, Vater dreier Kinder, seit sechs Jahren Inhaber einer Autowerkstatt in Hammerbrook. Gefährliche Körperverletzung legt ihm die Staatsanwaltschaft zur Last: Er soll bei einem Streit um Reparaturkosten einen Kunden, den Auszubildenden Sascha I. (19), krankenhausreif geprügelt haben.

Es ging um einen defekten Scheibenwischer-Motor, den Masoud S. austauschen sollte. 100 Euro hätten sie vereinbart, das sei schon ein fairer Preis, erzählt der hünenhafte Mann mit der knarzigen Stimme. Zunächst einverstanden, habe Sascha I. den Preis dann doch nicht zahlen wollen. Daraufhin habe er das Ersatzteil wieder ausgebaut, der junge Mann habe dann in seinem Büro "Stress" gemacht. "Er und sein Junkie-Freund haben mir gedroht, dass sie mich fertig machen, wenn ich das Teil nicht wieder einbaue." Sascha I. habe ihn geschubst, er ihn zurück, da sei der junge Mann aufs Sofa gefallen. An seiner Hand, so erzählt es Masoud S., baumelte ein Bund mit zehn Schlüsseln, einige davon scharfkantig und schwer. "Ich wollte ihn am Kragen hochheben", erzählt er. Aber irgendwie sei der Schlüsselbund gegen das Ohr von Sascha I. geprallt. Die Folgen waren gravierend: Blutüberströmt wurde der junge Mann ins Krankenhaus gebracht. Die Hörfähigkeit des linken Ohres ist seitdem stark gemindert. Wegen der Behinderung hätten ihn mehrere Firmen bereits als Auszubildenden abgelehnt, sagt Sascha I.

Während Masoud S. unablässig grinst, erzählt der 19-Jährige mit leiser Stimme, wie er die Tat erlebte. Er habe klaglos die 100 Euro für die Reparatur bezahlt, doch dann habe Masoud S. 40 Euro nachgefordert und das Ersatzteil wieder ausgebaut. Er habe das Geld trotzdem gezahlt und am nächsten Tag im Büro eine Rechnung verlangt. "Ich wollte nicht, dass er das Ersatzteil einbaut, sondern einfach nur die Rechnung, damit mein Anwalt bei einer Klage gegen ihn etwas in der Hand hat", sagt er. Als sich Masoud S. weigerte, habe er sich beschwert. Der Mechaniker habe ihn darauf angerempelt, die Tür verschlossen und ihm mit den Worten "Jetzt bringe ich dir Manieren bei" mit der Faust mehrfach aufs Ohr geschlagen.

Einem einstigen Angestellten von Masoud S., der dessen Aussage bestätigt, glaubt der Staatsanwalt kein Wort. Plausibler klingt für ihn, was Sascha I. dem Gericht erzählt. "Diese massiven Verletzungen sollen durch einen Schlüsselbund passiert sein? Sie wollen uns wohl auf den Arm nehmen", sagt der Staatsanwalt mit Blick auf den Angeklagten.

Ähnlich sieht das die Richterin. Sie verurteilt Masoud S., der den Kopf schüttelt, nun aber nicht mehr grinst, zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten auf Bewährung. Außerdem soll er 2000 Euro Schmerzensgeld an sein Opfer zahlen. Das Geld, sagt Sascha I., wolle er unter anderem in ein Hörgerät investieren.