Ibrahim S. steht wegen Körperverletzung vor Gericht. Er lehne Schweine-Gelatine aus religiösen Gründen ab.

Als er die Haribo-Tüte im Küchenschrank sah, flippte Ibrahim S. aus - davon ist die Staatsanwaltschaft überzeugt. Der 25-Jährige, so die Anklage, soll seine Frau an den Haaren zu Boden gezogen, ihr in den Rücken getreten und dann gedroht haben: "Ich töte dich." Mutmaßlicher Grund: Die Gummibärchen für ihren Sohn (3) enthielten Schweine-Gelatine. Deren Verzehr lehne er als strenggläubiger Moslem jedoch aus religiösen Gründen ab.

Es ist nur einer von fünf Übergriffen auf seine damalige Ehefrau, für die sich Ibrahim S. seit gestern vor dem Amtsgericht Wandsbek verantworten muss. So soll er Alev S. (21) ein Küchenmesser an den Hals gehalten, sie verprügelt, bedroht und aus Eifersucht ihr Handy kontrolliert haben. Anfang Februar, so die Anklage, soll er mit der flachen Hand so heftig zugeschlagen haben, dass ihr Trommelfell riss. Alev S. büßte fast ein Fünftel der Hörfähigkeit auf dem Ohr ein. Den "Haribo-Vorfall" leugnet der Angeklagte. Er habe die Packung weggeworfen, aus Wut darüber, dass seine Ex-Frau ihrem Sohn nur Fast Food zu essen gebe. Außerdem sei er nicht strenggläubig. "Ich trinke Alkohol, habe drei Jahre mit einer deutschen Frau gelebt. Wie kommt sie darauf?"

Nebenklägerin Alev S. will nicht gegen ihren Ex-Ehemann aussagen. Sie wünsche sich Frieden, um des Sohnes willen. Auf Schmerzensgeld von rund 2500 Euro besteht sie aber - was wiederum Ibrahim S. in Harnisch bringt. "Immer will sie Geld, sie nutzt mich aus", sagt der Hartz- IV-Empfänger. "Ich gebe es ihr. Sie ist so undankbar." Vor Gericht verhält sich der Angeklagte gerade so, als wäre er das Opfer in diesem Verfahren, das zunehmend zur Bühne einer Ehefehde, einer wütenden Abrechnung mit der Ex-Frau wird. Unselbstständig sei sie und hysterisch. Sie kümmere sich nicht um ihr Kind. Eifersüchtig sei nicht er, sondern sie. Und kochen könne sie gar nicht. "Mein Sohn isst nur Pommes und Süßes", sagt Ibrahim S. und klingt ehrlich erregt.

Die Ohrfeige, die zum Trommelriss führte, räumt der 25-Jährige als einzige Tat ein, beteuert aber treuherzig, die Hand zum Schwur erhoben: "Ich habe sie sonst nie geschlagen." Im Gegenteil. Sie habe ihn terrorisiert, nach nur neun Monaten Ehe. Es hagelte Verbote, Beleidigungen, Prügel. "Scheißkurde" habe sie ihn genannt, mit Messern sei sie auf ihn losgegangen, habe ständig geschrien. "Morgens und abends, bis sie müde war."

Ganz anders klingt, was Alev S. dem Vernehmungsrichter Anfang März erzählte. Von Schlägen und Drohungen ist da die Rede, von Eifersuchtsdramen, einer Messerattacke, die beinahe tödlich endete. "Inzwischen", sagt Ibrahim S., "verstehen wir uns wieder. Sie hat mich gefragt, ob wir in die Türkei fliegen." Der Prozess wird am 7. Dezember fortgesetzt.