Er werde Krieg führen, schrieb er auf der Internetplattform studiVZ . Die Polizei entdeckte bei ihm Munition und Sprengstoff.

Hamburg. Die Polizisten hatten die Bilder von Winnenden vor Augen, als sie seine Wohnung in Rahlstedt durchsuchten: Unter anderem stellten sie 25 Gramm Plastiksprengstoff PETN, 46 Patronen, Kaliber 7,62 mm, und mehrere Leuchtspurgeschosse sicher. Ein brisanter Fund, denn Christian R. (36) hatte auf der Internetplattform studiVZ angekündigt, er werde "Krieg" führen.

Es ist schwer vorstellbar, dass in Christian R. die kranke Psyche eines Massenmörders steckt. Seit gestern steht der eloquente Mann mit dem runden, freundlichen Gesicht und der kräftigen Statur vor dem Amtsgericht Wandsbek. Der Prozess ist auch ein Lehrstück für den Angeklagten, der nun erfährt: Aktionen in der Internet-Parallelwelt können schmerzliche rechtliche Reaktionen in der realen Welt auslösen.

Die Anklage wirft ihm die Störung des öffentlichen Friedens und einen Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz vor.

"Ihr solltet euch alle mal nicht wundern, wenn ich als Amokläufer von Wandsbek in die Geschichte eingehe", war auf seiner Profilseite am 5. Mai, zwei Monate nach dem Amoklauf von Winnenden, zu lesen. Nur zwei Tage später tat er kund: "Morgen gibt es Krieg, danach (werde ich) meine cerebrale Festplatte im AKO neu formatieren lassen." Mit AKO meinte Christian R. die Asklepios-Klinik Nord - Ochsenzoll, in der psychisch kranke Menschen behandelt werden.

Am 8. Mai durchsuchte die Polizei seine Wohnung. "Es war nur so 'ne Redewendung", sagt der Angeklagte jetzt. Er habe als Rettungssanitäter und Disponent viel Stress gehabt zu jener Zeit. Und da war noch dieser Kollege von Christian R.: ein lauter Kerl, hektisch. Ständig habe der geschrien, sei allen auf die Nerven gegangen. "Brüllaffe" hätten sie ihn in der Firma genannt, sagt die Zeugin Maren B.

"Ich hab das nicht so gemeint", wiegelt der Angeklagte ab. Er habe nur seiner Wut Luft gemacht. "Natürlich wollte ich niemanden umbringen und keinem Angst machen." Das bestätigt auch Kollege Andreas H. (30). "Christian R. ist ein sehr friedfertiger Mensch." Er habe jedoch ein mulmiges Gefühl gehabt, als er die Einträge im Netz sah, sei dann zur Polizei gegangen - was er bedauere. "Ich ahnte nicht, dass ich einen Stein ins Rollen bringe."

Wenn alles nur ein makabrer Scherz war - warum hortete Christian R. dann all die Waffen? Er schweigt dazu. Ob die Ergebnisse der Durchsuchung vor Gericht als Beweise verwertet werden dürfen, ist nach einem Antrag seines Verteidigers fraglich. Grund: Bei der Durchsuchung hätten die Beamten ohne rechtliche Grundlage gehandelt.

Eine Durchsuchung war vom Ermittlungsrichter als unverhältnismäßig abgelehnt worden. Doch die Beamten sahen Gefahr im Verzug. Einer Durchsuchung, so Christian R., habe er nicht zugestimmt. Dem widerspricht der als Zeuge geladene Polizist Markus L. (32): "Er hat dabei sogar geholfen."

Um 2.30 Uhr klingelten die Polizisten Christian R. damals aus dem Bett. Während der Durchsuchung, sagt Markus L., habe Christian R. die Waffen und den Sprengstoff als "Souvenirs aus der Bundeswehrzeit" deklariert. Der Polizist sagt: "Eine Detonation hätte laut Sprengmeister zu schlimmen Verletzungen führen können."

Der Prozess wird am 1. Dezember fortgesetzt.