Zwei Angeklagte legten bereits zum Prozessauftakt ein Geständnis ab und kamen mit Bewährungsstrafen davon.

Ob es dem Ehrenkodex des Milieus geschuldet war - egal, was passiert, zu schweigen - oder sich die beiden Türsteher nicht selbst belasten wollten: Der Prozess um den Überfall auf den Nachtklub Moondoo auf der Reeperbahn ist bereits am ersten Verhandlungstag ins Stocken gekommen. Zwei der wichtigsten Zeugen, die beiden betroffenen Türsteher, forderten ihr Auskunftsverweigerungsrecht ein und strapazierten damit die Geduld der Richterin.

Doch die Beweislast gegen eine Gruppe von Hooligans und kiezbekannten Kampfsportlern, die der Zuhältergruppe "Marek-Bande" angehören sollen, ist auch so erdrückend. Die brutale "Erstürmung" der Diskothek Ende Juni vergangenen Jahres, bei der zwei Personen verletzt wurden, wurde von gleich drei Überwachungskameras aufgezeichnet: Die Türsteher des Klubs wurden unsanft gestoßen, mit schweren Kordelständern beworfen, schließlich flogen Flaschen, Kerzenständer und metallene Mülleimer durch die Luft. Die Türsteher erlitten zum Teil schwere Kopfplatzwunden am Kopf. Schlimmeres konnte nur durch das schnelle Eingreifen der Polizei verhindert werden.

Vielleicht drei Minuten dauerte der Überfall an dem frühen Sonntagmorgen des 29. Juni. Der Hintergrund ist so seltsam wie erklärungsbedürftig. In einer Kneipe auf dem Hans-Albers-Platz habe die Gruppe den Geburtstag eines Freundes gefeiert, berichten die Angeklagten einstimmig. Dem reichhaltigen Wodka-Angebot sei man nachgekommen und habe sich - so die am Freitag gängige Ausrede im Saal 300 des Strafjustizgebäudes - betrunken, bis man nicht mehr wusste, was man tat.

Auch im nur fünf Gehminuten entfernten edlen Kiez-Klub Moondoo wurde gefeiert - der Geburtstag der Clasen-Brüder, die ebenfalls zur Marek-Bande gehören sollen. Eine Feier, zu der auch zwei der Angeklagten eingeladen waren. Doch als der 24-jährige Ken H. trotz mehrmaliger Versuche nicht eingelassen wurde, kehrte er in Begleitung seines Freundes Frank W. zurück. Ebenfalls im Schlepptau: Etwa 15 muskelbepackte Männer, die mit am Hans-Albers-Platz gefeiert hatten, von denen sechs (neben Ken H. und Frank W.) am Freitag auf der Anklagebank saßen. Der Hauptangeklagte Frank W. und Ken H. allerdings wiesen die Verantwortung für jegliche Gruppendynamik ab. Die "anderen" habe er nicht gekannt, die seien wohl nur "aus Neugierde mitgekommen", so Frank W. Es habe ein Handgemenge gegeben, und er sei mitgerissen worden.

Mehrfach ließ die Richterin die Videosequenzen aus den Überwachungskameras wiederholen und für jeden einzelnen Angeklagten auswerten. Mit Erfolg setzte sie die Angeklagten damit unter Druck. Bereits am Vormittag gestanden zwei der Muskelmänner, Falk L. und Jan O., denen das Gericht zuvor im Falle ihres Entgegenkommens ein milderes Urteil in Aussicht gestellt hatte. Die beiden vorbestraften Männer, die der Hooligan-Szene angehören sollen, bekamen wegen schweren Hausfriedensbruchs und gefährlicher Körperverletzung jeweils einjährige Haftstrafen auferlegt, die zur Bewährung ausgesetzt wurden.

Die anderen Angeklagten werden wohl nicht so glimpflich davonkommen. Am 18. November wird der Prozess fortgeführt. Und dann soll auch entschieden werden, ob die beiden Türsteher des Moondoo auf ihr Auskunftsverweigerungsrecht bestehen dürfen. Ein Grund für ihre Sprachlosigkeit liegt jedoch bereits auf der Hand: Gerüchten zufolge sollen sich beide Seiten auf Initiative von Zuhälterchef Carsten Marek längst wieder vertragen haben.